Archive for Juni 2010

Berliner Folklore in Frankfurt am Main

Juni 28, 2010

Cobra Killer & Kapajkos live
(Brotfabrik, Frankfurt am Main, 21.11.2005)

Apropos denkwürdige Konzertereignisse. Bei einem Konzert in der Frankfurter Brotfabrik ist ungefähr folgendes passiert.

Als dort COBRA KILLER zusammen mit dem Mandolinenorchester KAPAJKOS klasse Berliner Folklore darbot, fanden leider relatitv wenige Zuhörer den Weg dorthin. Der Saal ist nicht superriesig, aber auch nicht besonders klein und verfügt über eine geräumige Bühne. So kamen die beiden Damen irgendwann auf eine Idee, welche sie dem Publikum just dann kund taten, als ich kurz mal Bier holen ging oder das Gegenteil erledigte. Als ich in den Saal zurück kam wurde ich Zeuge einer verdrehten Situation: Gina V. D‘Oro und Annika Line Trost standen an zwei Bistrotischen im ansonsten leeren Zuschauerraum und sangen, während das gesamte Publikum zusammen mit den Musikern von Kapaijkos auf der Bühne stand. Ich konnte nur staunen und schmunzeln ob dieses ungewöhnlichen Anblicks!

Mutter – Trinken Singen Schießen

Juni 26, 2010

Manche Bands lassen sich etwas einfallen um ihre Platten selbst bzw. mit Hilfe ihrer Fans zu finanzieren. Die Berliner Band MUTTER gab im Dezember 2009 Schuldverschreibungen aus. Jeder Geldgeber erhielt eine nummerierte und signierte, im künstlerischen Tiefdruck hergestellte Grafik. Man konnte sogar unter drei Motiven wählen. Bis Ende März 2011 könnte man sein Geld wieder zurückfordern, aber wer will schon eine Radierung von Max Müller zurückgeben?

Schön zu hören, dass das Album „Trinken Singen Schießen“ wohl im August 2010 erscheinen wird. Am 5. August 2010 wird die neue Veröffentlichung live in Berlin gefeiert (siehe unten abgebildeten Flyer).
Weitere Termine siehe: muttermusik.de

Album Review siehe hier: Leben heißt das Loch

Lorenz Lorenz in Interview

Juni 21, 2010

Das DHT-project-Interview mit

Lorenz Lorenz

Der durch seinen Fernsehauftritt bekannt gewordene Entertainer wurde schon oftmals von verschiedenen Journalisten interviewt, die ihn, wie er meint, bald mal am…. können. Deshalb ist es erfreulich, daß Lorenz Lorenz dem DHT-project die Gelegenheit gab, in sein Innerstes einzudringen, nämlich in sich selbst.

DHT : Nun, zuerstmal würde uns interessieren, wie Du nun wirklich heißt?

L.L. : Lorenz

DHT : Und weiter?

L.L. : Lorenz

DHT : Aha. Welche Absicht verfolgst Du?

L.L. : Meine Absicht ist ein Chaos-Entertainment.

DHT : Ein paar grundsätzliche Fragen: Ist das eigentlich dein Hauptberuf?

L.L. : Nein, nebenberuflich arbeite ich in einer Druckerei.

DHT : Um auf Deine Füße zu kommen: Was hast Du für eine Schuhgröße?

L.L. : 41

DHT : Und deine körperliche?

L.L. : 1,80m

DHT : Augenfarbe:

L.L. : braun

(Diese Fragen wurden mit Rücksicht auf den Verfassungsschutz gestellt)

DHT : Rasierst Du dich naß oder elektrisch?

L.L. : Ich bin Naßrasierer.

DHT : Welche Hobbies hast Du?

L.L. : Ich habe Postkarten gesammelt.  Die sind aber leider alle verschimmelt. Besonders habe ich mich auf Karten aus dem ersten Weltkrieg spezialisiert. Davon habe ich dann aber die Finger gelassen, weil ich nur eine einzige hatte.

DHT : Sehr interessant.

L.L. : Ja, eben.

DHT : Hast Du irgendein Lieblingsgetränk?

L.L. (langes Überlegen) : Bananensaft? Nein! Ich weiß nicht. Aber das von meinem kleinen Bruder ist Blue Curacao mit Orangensaft.

DHT : Um auf die Kunst zurückzukommen: Welche Instrumente spielst Du?

L.L. : In letzter Zeit fast nur noch Gitarre.

DHT : Wovon handelt Dein Buch? (Gesammelte Kurzgeschichten im Eigenverlag. Zu haben bei Du Bist So Gut Zu Mir Cassetten & Zeitvertreib / Molto Menz, Gravelottstr. 3, 8000 München 80 oder auch im Atahk; kostet so 6 Mark).

L.L. : Es handelt von der Trivialität des Lebens, es ist ja alles dasselbe.

DHT : Welche Projekte schweben dir in Zukunft vor?

L.L. : Ich will einen Entwicklungsroman schreiben, der Elemente aus Ulysses und den Buddenbrocks enthält. Es soll eine moderne Version werden.

DHT : Wie willst Du eigentlich noch bekannter werden?

L.L. : Bekannter? Ich möchte endlich mal unerkannt U-Bahn fahren.

DHT : Was sagst Du dazu, daß Du von so vielen Blättern in die Dilettanten-Szene eingeordnet wirst?

L.L. (aufrasend) : Völlig zu unrecht!! Ich bin geradezu empört darüber!

DHT : Was willst Du in nächster Zeit machen?

L.L. : Ich bereite mich für die Aufnahmeprüfung in eine Journalisten-Schule vor. Das ist exklusiv!

DHT : Danke für den Hinweis. Wie stehst Du zu  Hippies?

L.L. : Ich habe viel Mitleid mit ihnen. Es sind arme Menschen.

DHT : Abschließend noch eine Frage: Was hältst Du von der sog. neuen deutschen Welle?

L.L. : Oh! Nunja, einerseits – andererseits.

DHT : Vielen Dank für das sehr informative Interview.

In seiner anschließenden Performance zeigte Lorenz Lorenz sein vielseitiges Können, das ihn so auszeichnet.
Er sang ein Liebeslied mit gezielt politischer Agitation, imitierte Adolf Hitler und philosophierte über den Untergang der 6. Armee bei Stalingrad, brachte die innerdeutschen Beziehungen ins Spiel: „Honecker in Cambodia“ und kommentierte einen Super-8-Film aus Dänemark mit seinen politischen Attacken.

DHT-project

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Editorische Notizen:

Dieses Interview führte der Autor DHT-project anlässlich eines Gastspiels von Lorenz Lorenz im Würzburger Kulturkeller (aka die Burse) und erschien im April 1983 in der Erstausgabe des Fanzines Oi Oi Oi!.

Der oben erwähnte Fernsehauftritt fand wohl in „Dreiklangsdimensionen. Eine deutsche Musikrevue“ (1981) statt. Bilder davon gibt es auch auf Youtube zu sehen – aber schwachsinnigerweise ohne Ton. Das hat bestimmt nicht nachvollziehbare copyrighttechnische Gründe.

Der oder das oben erwähnte Atahk war ein Würzburger Plattenladen für eher abseitige bis experimentelle Musik. Die gleichen Leute betrieben in der Dominikanergasse auch einen entsprechenden Versandhandel sowie Plattenfirmen wie Recommended No Man’s Land, Review Records oder Bad Alchemy (Fanzine und Label).

Die Einsamkeit Des Amokläufers

Juni 20, 2010

Hörspiel-Tipp für heute nachts:
Deutschlandradio Kultur, 21.06.2010, 00:05 Uhr:
Lorenz Lorenz – Die Einsamkeit des Amokläufers

1982 hat der damals in München lebende Lorenz Lorenz bei Molto Menz (Du Bist So Gut Zu Mir) ein Büchlein mit „trivialen Kurzgeschichten“ veröffentlicht: „Die Einsamkeit Des Amokläufers“. Ich kann mich an eine Zündfunk Pop Sunday-Sendung erinnern, in der Lorenz Lorenz damals aus diesem Buch las, dazu wurde Musik von Public Image Limited, Burundi Black, Hans Albers u.v.m. gespielt. Das war eine sehr amüsante Sache. Es ging u.a. um Boy-meets-Girl, seltsame Auftritte usw. usf.

Unvergessen seine fast schon dadaistische Performance „Das Dreiminuten-Ei“ in einer TV-Revue, zusammen mit seinem Saxophon. Ei! Ei! Ei!

Irgendwann danach fuhr er mit dem Fahrrad durch China und berichtete im Zündfunk davon.

27 Jahre später hat der Westdeutscher Rundfunk unter der Regie von Thomas Wolfertz ein Hörspiel aus diesem 1980er-Jahre-Stoff produziert, auf welches ich nun sehr gespannt bin.

Weitere Infos auf der Seite vom Deutschland-Radio:
www.dradio.de/dkultur

Komputer in Düsseldorf

Juni 19, 2010


Komputer live
(Stahlwerk, Düsseldorf, ca. 1998/99)

Jede Stadt hat ihr eigenes und manchmal auch eigenartiges Konzert-Publikum, beispielsweise Düsseldorf. Als ich dort Ende der 1990er Jahre einmal zu Besuch war, hatten wir die Idee ein Konzert der englischen Elektronik-Band KOMPUTER zu besuchen. Die hatte gerade ihre erste Platte „The World Of Tomorrow“ (Stumm162, 1998) auf Mute veröffentlicht. Wie aus anderen Städten gewohnt, sind wir natürlich nicht pünktlich dorthin gegangen. Wer hat schon Lust stundenlang auf die Band zu warten? Als wir dann im Stahlwerk die Treppe hoch gelaufen sind, haben wir uns ein bißchen gewundert, dass es keine Kasse mehr gab. Der Saal war gut gefüllt und die Band, ich glaube es waren nur zwei Musiker an ihren elektronischen Geräten, spielte und warf retro-futuristische Computer-Animationen an die Wand. Ich holte erstmal Bier und als ich dann wieder zurück bei meiner Begleitperson war, endete um genau zehn Uhr plötzlich die Musik. Und keiner klatschte. Unglaublich. Keiner klatschte. Lag es etwa daran, dass Komputer fast genauso wie die Düsseldorfer Kraftwerk klangen?

Aber auch bei anderen Konzerten zeigte sich das Düsseldorfer Publikum eher kühl und nicht besonders begeisterungsfähig, klatschte höflich und ging von dannen.

Demnächst soll es übrigens neue Veröffentlichungen von Komputer geben.

Komputer bei myspace:
www.myspace.com/komputermusik

Seen / Schlösser

Juni 13, 2010

Seen Links Schlösser Rechts
Tuo Men Xiong Haopéngyou / Die Nacht / Kreisel
(7″, Zensor cm 03, 1982)

Gestern fiel mir diese 1982 erschienene Single in die Hände, ein typisches Produkt der damaligen Westberliner New Wave Szenerie. Hinter SEEN LINKS SCHLÖSSER RECHTS scheinen keine allzu bekannten Musiker zu stehen. Bei meiner Internet-Recherche kam zumindest nicht viel heraus. Vokalistin und Trompetenspielerin Manuela Brandenstein könnte mit der gleichnamigen Synchronsprecherin identisch sein (?). Weitere Mitglieder waren Mathias [Fischer-(?)] Dieskau (Keyboards, Electronics), [Achim] Mennicken (Gitarre) und Volker Schönbühler (Saxophon; taucht später bei La Loora auf). Co-Produzent war Robert Crash, der auf ZickZack eine schöne Petticoat/Crash-Single veröffentlich hat.

Der Track der A-Seite hat einen chinesischen Titel, ist aber dreisprachig gehalten (auch englisch und deutsch) und wird andernorts auch als „Gute Freunde“ gelistet. Auf dem Cover sind nur die exotischen Schriftzeichen zu sehen. Insbesondere dieses Stück könnte bei so manchen Leuten in die nichtssagende Kategorie „minimal electro“ fallen. Der Rhythmus kommt von einer Maschine, die elektronische Basslinie ist etwas nervös, dazu noch Saxophon-Einsprengsel, Sprechgesang und Noise-Elemente im Hintergrund. Auf der Rückseite wird es mit „Die Nacht“ eingängiger. Hier handelt es sich um eine Cover-Version des durch Gustaf Gründgens bekannt gemachten Liedes aus dem Film „Tanz auf dem Vulkan“. Eine wunderbare, kurze und zeitgemäße Version! Bei „Kreisel“ kommt dann endlich die no-wavige Gitarre zum Vorschein und neben dem Saxophon ist auch stellenweise die Trompete zu hören. Ein schöner Abschluss dieser kleinen Schallplatte.

R.I.P. Ingeborg Schober

Juni 11, 2010

Gestern (am 10.06.2010) auf der Facebook-Seite vom Zündfunk gelesen:

„Unsere liebe Kollegin Ingeborg Schober ist verstorben. Sie hat lange bei Bayern 2 Musiksendungen moderiert, für den Zündfunk gearbeitet, für Sounds, SZ und Stern geschrieben, Bücher über Musik veröffentlicht. Sie war in den 70ern eine der führenden Musikjournalistinnen und eine sehr sympathische Protagonistin vor allem der Zeit, als die Swinging Sixities vorüber waren und Punk langsam begann. Die Redaktion trauert.“

Sie ist u.a. auch Autorin des Buches „Amon Düül – Tanz der Lemminge: Anfänge deutscher Rockmusik in der Protestbewegung der 60er- und 70er-Jahre“.

R.I.P.

Amon Düül – Singvögel rückwärts