Archive for August 2010

Hinweis: Freakshow Artrock Festival 2010

August 26, 2010

Freakshow Artrock Festival
25. September 2010
Posthalle, Bahnhofsplatz 2, 97070 Würzburg

Einlass: 12 Uhr
Konzertbeginn: 13 Uhr
Konzertende: 21 Uhr

Verdammt, am 25. September 2010 findet in meiner Heimatstadt Würzburg wiedermal ein Freakshow Artrock Festival statt und ich kann nicht hin. Das ist ärgerlich, denn es spielen drei fantastische Bands:

SLEEPYTIME GORILLA MUSEUM
www.myspace.com/sleepytimegorillamuseum

MAGMA
www.myspace.com/magmaofficial

ARANIS feat. Dave Kerman
www.myspace.com/aranis

Die Konzertzeiten sind ein bißchen ungwöhnlich, aber ich rate dringend, da schon mittags hinzugehen.

SLEEPY TIME GORILLA MUSEUM bewegen sich vom Recommended Records-geprägtem Artrock ausgehend im Pilgerschritt auf die Einstürzenden Neubauten zu. Naja, zumindest verwenden sie selbstgebaute, metallische Perkussionsgeräte.

ARANIS zeigt, dass es auch eine kammermusikalische Möglichkeit innerhalb des Art Rock gibt.

Und wer nach 40 Jahren MAGMA diese faszinierende, französische Ikone des Art Rock noch nicht live gesehen hat, sollte dies unbedingt tun!

Weitere Infos via:
artrock-festival.de

Mein Dockville Festival 2010

August 16, 2010

Various Artists:
Dockville Festival, Hamburg, 13.-15. August 2010

Drei Tage Dockville haben mir in Erinnerung gerufen, dass ich Festivals tendenziell doof finde. Zuviele Leute auf einen Fleck. Und dann dieses Publikum, das nur das sehen und hören will, was eh gerade in aller Munde ist, und Moshpits dort aufmacht, wo sowieso kein Platz ist. Und dann muss man erstmal hinkommen auf dieses mit Altlasten verseuchte Brachgelände, das einem als Hafenromantik schöngeredet wird, aber trotzdem häßliches Industriegebiet bleibt. Aber was will man machen, wenn einzelne Bands nur auf diesem Festival zu sehen sind?

Die für mich interessantesten Bands spielten eher nachmittags oder am frühen Abend. Somit habe ich am Freitag gleich mal JA, PANIK und SOPHIE HUNGER verpaßt – zum einen weil ich noch arbeiten, und zum anderen weil ich noch ewig anstehen mußte, bis ich mein Ticket in ein lila Armbändchen umtauschen konnte (ungefähr so lange, wie das Pärchen vor mir benötigte um eine Flasche Weißwein zu leeren). Somit war der Freitag für mich nur Gelegenheit um das Gelände zu sondieren. Für Shantel und Wir Sind Helden interessiere ich mich wirklich nicht. Und die Tochter von Sting (I Blame Coco) war eher etwas zum Schulterzucken.

Samstagnachmittags dann KITTY, DAISY & LEWIS. Drei Londoner Teenager machen Musik, die tausendmal älter ist als sie selbst und lassen sich dabei von einem Gitarristen und einer Kontrabassistin begleiten, die ihre Mutter oder ihr Opa sein könnten. Extrem altmodisch gekleidet spielen sie Rock‘n‘Roll, Blues, Hillbilly, aber auch Ska – in einem Sound, der als authentisch für die damalige Zeit durchgehen könnte. Dabei wechseln sich die drei an Keyboards, Gitarre und kleinem Schlagzeug ab, bringen mit Mundharmonika, Lap Steel Guitar und Percussion weitere Klangfarben mit ins abwechlungsreiche Spiel. Großartig! Und dann war da am Ende während der finalen Vorstellungsrunde noch das längste rhythmische Mundharmonika-Solo, das ich jemals erleben durfte.

Wenn man schon mal da ist, kann man sich ja auch BONAPARTE anschau‘n. „Too Much“ war schließlich mal ein ganz lustiges Lied. Aber lange habe ich es dort nicht ausgehalten. Ihre Kostüme waren zwar ganz nett, aber ihre Rockmusik war trotzdem für mich vollkommen uninteressant.

Sonntags habe ich MUTTER leider nur teilweise sehen können. Ich hatte die Rechnung ohne das Radrennen in der Innenstadt gemacht. Gegen 16 Uhr also diese Berliner Band um Max Müller, mit ihrer schwerwiegenden Musik, tiefbassgeerdet, feedbackumschwebt, ernsthaft betextet. Eine Schande, dass relativ wenige Leute den Weg zu Mutter gewagt haben. Die Band war gut, aber ich hätte sie mir lieber nachts in einem Club angehört. Und ursprünglich sollten sie ja auch im Hafenklang spielen.

Von GUSTAV gibt es nicht viel neues zu berichten, außer dass sie zusammen mit ihrer zweiköpfigen Begleitband einfach wiedermal ein wunderbares Konzert gegeben hat. Ihre humorvolle Ernsthaftigkeit muss man einfach mögen! Ein neues Lied hatte sie im Gepäck, ihrer Meinung nach der „wohl erste deutschsprachige Gentrifizierungs-Song“. Ob da das Schwabinggrad Ballett nicht schon früher war mit ihrer „Business Punk City“? Trotz deutlicher Schwangerschaft rockte sie das Haus und brachte das Publikum dazu, bei einem Rage Against The Machine-Cover brav „mitzuarbeiten“. <38

The Drums aus New York waren dann so eine Gitarrenband, wie man sie immer wieder mal als Hype serviert bekommt. Auf der Bühne zwei Gitarren, Schlagzeug und Gesang. Aber man konnte auch Bass und mehr hören. War wohl Halbplayback. Aber den Kindern hat‘s gefallen, sie gingen gut ab. Der eine Gitarrist konnte echt gut Pirouetten drehen. Und der Sänger war eh ein Poser.

Ein wunderbarer Abschluss war für mich HALLOGALLO 2010. Michael Rother (Electronics, Gitarre) spielte zusammen mit Steve Shelley (Sonic Youth, Drums) und Aaron Mullan (Tall Firs, Bass) Musik seiner alten 70er-Jahre Krautrockband NEU!. Das war aber kein Geschichtsunterricht und auch kein Revival. Das war einfach hypnotische Instrumentalmusik, die trotz einsetzendem Gewitterregen faszinierte.

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E 621

August 8, 2010

Neulich war ich im Deutschen Zusatzstoffmuseum, obwohl ich gar nicht wußte, dass es soetwas gibt. Ich hatte ernährungsbewußten Besuch, der dessen Anschrift herausgefunden hat. Das Zusatzstoffmuseum befindet sich auf dem Gelände des Hamburger Großmarktes – eine gute Adresse für null Laufkundschaft – und ist ein Projekt der Hamburger Lebensmittelstiftung und wird u.a. von einem Tiefkühlkost-Produzenten gesponsort, der sich selbst verpflichtet hat, auf Zusatzstoffe zu verzichten.

Anhand einer Zeittafel im Flur wird man in das Thema eingeführt und erhält einen Überblick über verschiedenste alte und neue Methoden der Konservierung von Lebensmitteln und einzelne Zusatzstoffe. In einem großen Raum wird ein Supermarkt nachempfunden, aber statt leckerer Lebensmittel sind an einer Wand nur Gefäße mit verschiedensten Lebensmittelzusatzstoffen zu sehen. Das ist erstmal nicht so spannend. Aber mittels informativer Tafeln oder kurzer Filme wird am Beispiel verschiedener Lebensmittel (Joghurt, Brot, etc.) gezeigt, was so in unserem Essen steckt, warum die Industrie diese Stoffe einsetzt und was deklariert werden muss. Und da kommt man doch ab und zu ins Staunen. Dass beispielsweise sogenannte natürliche Aromastoffe zwar aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden, aber mit der nachgeahmten Frucht eigentlich nicht zu tun haben, hat man schon mal gehört. Aber dass „Würze“ nichts mit Gewürzen zu tun hat, überrascht dann doch. Oder dass Süßstoffe in der Viehzucht als Masthilfsmittel eingesetzt wird. Ebenso, dass manche Sachen garnicht mehr deklariert werden müssen, wenn sie im Endprodukt keine technische Funktion mehr haben (oder so ähnlich) – wenn im Joghurt eine Fruchtzubereitung verwendet wird, müssen deren Zusatzstoffe beispielsweise am Ende nicht mehr deklariert werden.

Interessant auch, warum überhaupt Zusatzstoffe verwendet werden: um Fehlnoten in der Qualität der Rohstoffe zu überspielen, um Geschmack zu verstärken, damit Markenware immer gleich schmeckt, um die industriellen Prozesse zu optimieren, um billigst produzieren zu können und natürlich um die Ware zu konservieren.

An einem Pult kann man noch Proben von Aromastoffen schnüffeln und erraten. Und wer Lust auf ein Quiz hat, kann an einem Terminal sein frisch erworbenes Wissen testen.

Wer dann immer noch aufnahmebereit für Informationen ist, kann sich in einem separaten Raum ein halbstündiges Fernsehfeature vom SWR aus dem Jahr 1990 ansehen, dazu Bio-Saft trinken und sich sogar ein Tiefkühlgericht in die Mikrowelle schieben (worauf wir verzichtet haben).

Sehr informativ, das Ganze! Eine Führung ist bestimmt auch sehr interessant.

Weiterhin guten Appetit!

Website: www.zusatzstoffmuseum.de

PS: E 621 = Mononatriumglutamat, ein Geschmacksverstärker

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Kein Sklave

August 2, 2010

Daniel Decker – Enklave
(CD, Tumbleweed Records, TW116, 2010)

Seit August 2010 wohnt Daniel Decker in Köln-Ehrenfeld, diese 5-Track-CD hat er aber noch in Düsseldorf aufgenommen. Bilk Rules OK!

Wer genau Daniel Decker ist, weiss ich auch nicht so recht. Auf Twitter nennt er sich @aktenkundig und mit diesem @kotzend_einhorn hat er auch irgendwiewasauchimmer zu tun. Früher war er das Pawnshop Orchester, allein, bei Er France spielt er Bass und hinter den Labels Lo.Li.La und Lo.Li.Net scheint er auch zu stecken. Hier haben u.a. Kiesgroup und Na Sabine, wie sieht‘s aus in München?! veröffentlicht sowie die herrliche Susie Asado. Checkt unbedingt das Lo.Li.Net-Weihnachtsalbum aus!

Aber bleiben wir bei Daniel Decker und seiner „Enklave“. Der Titel-Track erinnert mich ein bißchen an „Teenage Kicks“ von den Undertones, nur poetischer. Tolles Gitarrenriff, gutes Tempo und ein freiheitsliebender, deutschsprachiger Text. Die meisten Lieder rocken gut, sind voller Energie und wurden behutsam mit Keyboards etc. dekoriert. Mit „Vorstadtjunge“, die wohl erste deutschsprachigee Originalaufnahme eines Bronski Beat-Klassikers, hält der wippende Elektro-Pop Einzug in diese EP. Und im letzten Lied dominieren erstmal Klaviertöne, aber dann sägt sich die Gitarre wieder in den Song, eine herrliche Basslinie hält alles zusammen und am Ende löst sich das Ganze in „lalala“ und Wohlgefallen auf. <38 Repeat!

Bin mal auf sein irgendwann demnächst erscheinendes Album „Weißer Wal“ gespannt.

Weiterführende Links:

Daniel Deckers Blog:
Kotzendes Einhorn

Weihnachten bei Lolinet:
www.lolinet.de

„Die Geister mit denen ich schlief“ als Video:

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Oh, Poppmusik!

August 1, 2010

OVAL: Oh
(12“ inkl. Download, Thrill Jockey, 2010)

Lange Zeit hat man nichts mehr von Markus Popp aka OVAL gehört. Vor ein paar Wochen erschien nun diese 12“-EP mit 15 Stücken, die als Vorbote für ein extralanges, im Herbst 2010 erscheinendes Album fungiert. Im Gegensatz zu den früheren Werken, die gerne auch mal so um die 20 Minuten dauerten, haben wir es hier eher mit Miniaturen zu tun. Die vier Stücke der A-Seite haben maximal radiotaugliche Pop-Song-Länge, auf der zweiten Seite sind fast nur Einminüter zu hören. Statt mit Störgeräuschen irgendwelcher Abspielgeräte (kennt hier jemand noch CD-Player?) zu arbeiten, dienen hier Klänge einer E-Gitarre als Grundlage. Auf der A-Seite werden diese noch durch Schlagzeug oder andere Sound ergänzt und zu richtigen kleinen Tracks geformt, während die Stücke der B-Seite wie kleine Snippets aus einer Versuchsreihe zur Erforschung dieses Klangkörpers wirken. Als hätte ein Elektroniker die extended techniques der freien Impro-Musiker neu entdeckt. Dennoch ist diese Neuausrichtung kein wirklicher Bruch mit der Vergangenheit. Die Klangquelle ist eine andere, aber die kühle Ästhetik und fast meditative Ruhe ist geblieben. Zumindest solange das Schlagzeug schweigt.

PS: Auch wenn es kein Aufkleber auf dem Cover verrät, so liegt der Vinyl-Ausgabe dieser Platte erfreulicherweise eine Einladung zum Download bei.