Various Artists:
Dockville Festival, Hamburg, 13.-15. August 2010
Drei Tage Dockville haben mir in Erinnerung gerufen, dass ich Festivals tendenziell doof finde. Zuviele Leute auf einen Fleck. Und dann dieses Publikum, das nur das sehen und hören will, was eh gerade in aller Munde ist, und Moshpits dort aufmacht, wo sowieso kein Platz ist. Und dann muss man erstmal hinkommen auf dieses mit Altlasten verseuchte Brachgelände, das einem als Hafenromantik schöngeredet wird, aber trotzdem häßliches Industriegebiet bleibt. Aber was will man machen, wenn einzelne Bands nur auf diesem Festival zu sehen sind?
Die für mich interessantesten Bands spielten eher nachmittags oder am frühen Abend. Somit habe ich am Freitag gleich mal JA, PANIK und SOPHIE HUNGER verpaßt – zum einen weil ich noch arbeiten, und zum anderen weil ich noch ewig anstehen mußte, bis ich mein Ticket in ein lila Armbändchen umtauschen konnte (ungefähr so lange, wie das Pärchen vor mir benötigte um eine Flasche Weißwein zu leeren). Somit war der Freitag für mich nur Gelegenheit um das Gelände zu sondieren. Für Shantel und Wir Sind Helden interessiere ich mich wirklich nicht. Und die Tochter von Sting (I Blame Coco) war eher etwas zum Schulterzucken.
Samstagnachmittags dann KITTY, DAISY & LEWIS. Drei Londoner Teenager machen Musik, die tausendmal älter ist als sie selbst und lassen sich dabei von einem Gitarristen und einer Kontrabassistin begleiten, die ihre Mutter oder ihr Opa sein könnten. Extrem altmodisch gekleidet spielen sie Rock‘n‘Roll, Blues, Hillbilly, aber auch Ska – in einem Sound, der als authentisch für die damalige Zeit durchgehen könnte. Dabei wechseln sich die drei an Keyboards, Gitarre und kleinem Schlagzeug ab, bringen mit Mundharmonika, Lap Steel Guitar und Percussion weitere Klangfarben mit ins abwechlungsreiche Spiel. Großartig! Und dann war da am Ende während der finalen Vorstellungsrunde noch das längste rhythmische Mundharmonika-Solo, das ich jemals erleben durfte.
Wenn man schon mal da ist, kann man sich ja auch BONAPARTE anschau‘n. „Too Much“ war schließlich mal ein ganz lustiges Lied. Aber lange habe ich es dort nicht ausgehalten. Ihre Kostüme waren zwar ganz nett, aber ihre Rockmusik war trotzdem für mich vollkommen uninteressant.
Sonntags habe ich MUTTER leider nur teilweise sehen können. Ich hatte die Rechnung ohne das Radrennen in der Innenstadt gemacht. Gegen 16 Uhr also diese Berliner Band um Max Müller, mit ihrer schwerwiegenden Musik, tiefbassgeerdet, feedbackumschwebt, ernsthaft betextet. Eine Schande, dass relativ wenige Leute den Weg zu Mutter gewagt haben. Die Band war gut, aber ich hätte sie mir lieber nachts in einem Club angehört. Und ursprünglich sollten sie ja auch im Hafenklang spielen.
Von GUSTAV gibt es nicht viel neues zu berichten, außer dass sie zusammen mit ihrer zweiköpfigen Begleitband einfach wiedermal ein wunderbares Konzert gegeben hat. Ihre humorvolle Ernsthaftigkeit muss man einfach mögen! Ein neues Lied hatte sie im Gepäck, ihrer Meinung nach der „wohl erste deutschsprachige Gentrifizierungs-Song“. Ob da das Schwabinggrad Ballett nicht schon früher war mit ihrer „Business Punk City“? Trotz deutlicher Schwangerschaft rockte sie das Haus und brachte das Publikum dazu, bei einem Rage Against The Machine-Cover brav „mitzuarbeiten“. <38
The Drums aus New York waren dann so eine Gitarrenband, wie man sie immer wieder mal als Hype serviert bekommt. Auf der Bühne zwei Gitarren, Schlagzeug und Gesang. Aber man konnte auch Bass und mehr hören. War wohl Halbplayback. Aber den Kindern hat‘s gefallen, sie gingen gut ab. Der eine Gitarrist konnte echt gut Pirouetten drehen. Und der Sänger war eh ein Poser.
Ein wunderbarer Abschluss war für mich HALLOGALLO 2010. Michael Rother (Electronics, Gitarre) spielte zusammen mit Steve Shelley (Sonic Youth, Drums) und Aaron Mullan (Tall Firs, Bass) Musik seiner alten 70er-Jahre Krautrockband NEU!. Das war aber kein Geschichtsunterricht und auch kein Revival. Das war einfach hypnotische Instrumentalmusik, die trotz einsetzendem Gewitterregen faszinierte.
Schlagwörter: 2010, Bonaparte, Dockville, Gustav, Hallogallo 2010, Hamburg, Kitty Daisy & Lewis, Max Müller, Michael Rother, Neu!, Slime, Sonic Youth, Steve Shelley, Tall Firs, The Drums, Therapy!
August 16, 2010 um 01:21 |
Danke für den Bericht! Hatte ja leider das Dockville aus diversen Gründen etwas ignoriert. Neidisch bin ich ja vor allem wegen Michael rothr, aber der kommt ja auch bald nach Berlin!!! Hattest du vielleicht schon gesehen mit dem Konzertmitschnitt und dem hörenswerten Interview: http://www.popkontext.de/index.php/2010/08/15/michael-rother-in-new-york-konzert-und-radiointerview/
August 16, 2010 um 01:22 |
Michael ROTHER….
August 16, 2010 um 19:42 |
„Und dann dieses Publikum, das nur das sehen und hören will, was eh gerade in aller Munde ist,“ kann unterschreiben und hat mich auch auf dem Dockville gestört. Bei Festivals wie dem Melt! und dem Splash! ist der kleinste gemeinsame Nenner gefunden. Bei Festivals mit sehr viel Gitarrenmusik ist das leider nicht so. Außer bei Metal Festivals vielleicht. 😉
August 18, 2010 um 22:09 |
zu mutter
http://www.eskalaparty.de/?p=3253
grusz
jorge
August 19, 2010 um 00:44 |
Mann,wenn man von Anfang an mit so ’ner Einstellung rein geht, dann gefällt es einem natürlich nicht. Freu dich doch lieber, dass sich auch viele Jüngere für gute Musik interessieren. Aber Hauptsache was zu meckern finden.Tut mir leid, aber so was muss doch echt nicht sein.Dann lass es in den nächsten Jahren bleiben, wenn du dir zu schade für so was bist.Bitte!Vor allem wenn du Festivals tendenziell eh doof findest.
August 19, 2010 um 12:38 |
lächerlicher „bericht“. bist wohl ne super duper individuelle….freu dich und klatsch in die hände. wieso gehst du überhaupt aufs festival, wenn du es eh nur als plattform für tennies siehst, die ihre gehypten bands hören?
und es soll leute geben, die diese mainstream bands schon dann gehört haben, bevor sie gehypt wurden. und nur weil die masse sie auf einmal hört, müssen sie nicht schlecht sein. aber gut. du bist eh zu cool für all das ..warum auch spaß an der musik haben. das wär ja uncool.
ach und noch was..beschäftige dich mal mit grammatik. das/dass…
August 19, 2010 um 20:02 |
Wie wär’s beim nächsten mal einfach mit zu Hause bleiben, hm?
August 19, 2010 um 20:08 |
Mal ganz nebenbei sind die „alten“ Begleitmusiker am Kontrabass und an der Gitarre tatsächlich die Eltern von Kitty, Daisy & Lewis 🙂
August 20, 2010 um 23:43 |
[…] Festivalbericht eines recht ernüchterten mr.boredoms […]
Mai 29, 2012 um 12:00 |
[…] Mein Dockville Festival 2010 « mr.boredom’s […]