Im Antiquariat, hinten links, Prenzlauer Allee 198, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg, Germany, 04.07.2014.
Archive for the ‘Bücher’ Category
Fenster
Juli 4, 2014No Noise Reduction
Februar 6, 2014Werbepostkarte für NO// Noise Reduction – Sight And Sound Magazin
(ca. 40 Seiten, Format ungefähr DIN A3, Würzburg, 1982).
Wahrscheinlich erschien nur eine einzige Ausgabe dieses fotokopierten Heftes, dem u.a. eine 7″-Schallplatte beiliegt. Ein Mitschüler erzähle mir damals, dass die Single von innen nach außen spielt und Krach enthält (und er damit die Nadel des teuren Plattenspielers seines Bruders ruiniert hat). Leider liegt mir kein Exemplar dieser Veröffentlichung vor.
Text der ganz oben abgebildeten Karte:
SIGHT — AND — SOUND MAGAZINE
N O // IST DAS KLARE NEIN DAS WIR ALLEN AUFFORDERUNGEN ENTGEGENSETZEN UM MIT DEM SO GEWONNENEN BRUCHTEIL AN ZEIT ZU ARBEITEN — N O // IST EIN GEDANKE DER UNS DEN KOPF ZERBROCHEN HAT — DER UNSERE AUDIO — VISUELLEN UNTERNEHMUNGEN BESCHATTET .
WIR SUCHEN — LAUTE — STIMMEN — GERAEUSCHE — LEBENSLAUTE DIE NACH EXISTENZBERECHTIGUNG SCHREIEN — LAUTE DIE ETWAS ZU SAGEN HABEN — SIE GEBEN SICH IN NO // PREIS — N O // KANN SIE NICHT SCHUETZEN – DIE STIMME VON N O // IST IHRE STIMME — WIR SIND INTERESSIERT AN — ARBEITEN — PROJECTEN — PRODUCTEN — VON KUENSTLERN — GALERIEN — AUTOREN — STIMMEN — FUER AUSGABE 002 — N O // IST EIN AUDIO — VISUELLES MAGAZINE — EINSTELLUNG 33 U/min — FORMAT 42 x 30cm — AUSGABE 001 — BLACK ISSUE — SONDERAUFLAGE — BASED ON COPY — UNVERBINDLICHE PREISEMPFEHLUNG 12.— DM P+P BRD — KONTAKT — NOISE REDUCTION N O // — POSTFACH 6204- 8700 WUERZBURG — KONTO NR. 0 9 3 5 2 4 7 — DEUTSCHE BANK/ — WUERZBURG —MITTEILUNG — WIR AENDERN UNSERE SEHWEISE — REGELN UNSERE HOERWEISE — WIR KOMMEN WIEDER N O // IST UNCOMMERZIELL IM SINNE VON WERBEWIRKSAM — EINE GANZSEITIGE ANZEIGE IN N O // KOSTET 500.— DM — ALS GEGENWERT ERHALTEN SIE 40 VERKAUFSEXEMPLARE UNSERES SIGHT — AND — SOUND MAGAZINES —NO // INFORMATION — INSTANT REACTION — ADVERTISING AND ART — TEL 0931 / 88 20 53
Und der Text des auf dem unteren Bild zu sehenden „Communication Master“ lautet:
COMMUNICATION MASTER 001
WÄHLE – SPRICH WIR SUCHEN STIMMEN – LAUTE – GERAUSCHE NO//
SELEKTIERT – BETASTET – VERPACKT – ÜBERWUCHERT – ÖFFNET – LIEBT – VERTEILT – SUCHT – BESEITIGT – SPEICHERT – BELEBT – KOPIERT – DURCHDRINGT – EMPFINDET – VERWEIGERT – VERARBEITET – SAMMELT – GENIESST– REGELT – VERBINDET – TESTET – VERMISCHT – BENUTZT – VERZEHRT – ERWÄRMT – REINIGT– VERÄNDERT – BEGEHRT – BEOBACHTET – BEWUNDERT – VERVIELFÄLTIGT –
LEBENSRÄUME – DOKUMENTE – EREIGNISSE – FUNDSTÜCKE – GEFÜHLSZUSTÄNDE – PHÄNOMENE – LAUTE – SCHIMMEL – VERKRUSTUNGEN – BEOBACHTUNGEN – INFORMATIONEN – OBJEKTE – WERKZEUGE – BEHÄLTER – SUPERMÄRKTE – ZÄRTLICHKEITEN – BAKTERIEN – KOPIEN – RINDERHACK – BAUSTOFFE – GUMMIBÄUME – GABELSTAPLER – STIMMEN – AUSSCHEIDUNGEN –KUNSTSTOFFE – GERÄUSCHE – STAUB – NAHRUNGSMITTEL – REIZSTOFFE –
Ernst macht ernst
November 24, 2013Christian Keßler – Aalglatt über Leichen
(Martin Schmitz Verlag, 270 Seiten, ISBN 978-3-927795-64-8)
Der Kommissar geht um in der Hansestadt Bremen. Leichen pflastern seinen Weg – Ehegattensplitting, ein toter Flamingo und ein abgetrennter Penis unbekannter Herkunft und vieles mehr gehören zu seinem Tagesgeschäft. Kommissar Alexander Ernst, geboren in Bremen, lange im Ruhrpott und jetzt wieder in seiner nordischen Heimat tätig, ist Vollblutpolizist, immer im Einsatz, teilt manchmal mit den Fäusten aus, hat eine Abneigung gegen Schmuddelkram, wohnt zusammen mit Fisch und Katz‘ und manchmal ist er auch ein hoffnungsloser Romantiker.
Der Haupt-Fall in diesem Roman – der Mord an einem Friseur – scheint anfangs keine große Sache zu sein. Durchaus originell die Tatwaffe: ein Aal. Im Lauf seiner kriminalistischen Arbeit ermittelt Kommissar Ernst nicht nur in scheinbar hochkulturellen, adligen Kreisen, sondern auch im Untergrund der Pornoindustrie. Autor Christian Keßler kennt sich mit solchen Filmen aus, schließlich hat er bereits das Machwerk „Die läufige Leinwand“ verfaßt (ebenfalls im renommierten Martin Schmitz Verlag erschienen). Und er scheut nicht von der Unverschämtheit zurück, sich selbst einen Cameo-Auftritt à la Hitchcock in diesem seinen ersten Kriminalroman zu verschaffen – als kesslerallender äh kellerasselnder Film-Nerd. Sehr lustig.
Leider wird der echte Mörder trotz Ernst nicht überführt. Nur der Leser weiß dank einer kleinen, harmlosen Rahmengeschichte, wer der Mörder mit dem Aal war. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, ich möchte ja nicht die Lektüre an diesem empfehlenswerten Buch vermiesen.
Auf die Fortsetzung dieses Regional-Krimis bin ich gespannt. Der zweite Teil soll schon in Arbeit sein, ein dritter wird vermutlich folgen. Nur her damit!
Das Buch kann man sich durchaus gerne direkt beim Verlag bestellen:
www.martin-schmitz-verlag.de
Fundbureau
März 14, 2013Brandstifter – Asphaltbibliotheque
Dokumente aus einem Fundzettel-Archiv in Bild und Text
(96 Seiten, Ventil-Verlag, ISBN 978-3-95575-004-6)
Den Brandstifter kennt man nicht nur als Solomusiker, der live vom Bügelbrett trashique Pop-Perlen präsentiert oder bei der Darmstädter Band The Dass Sägebett Gitarre spielt, sondern auch als sogenannten bildenden Künstler. Seit zirka 15 Jahren beschäftigt er sich mit im öffentlichen Raum vorgefundenen Zetteln und transformiert diese zu Kunst, verbunden mit absurder Bürokratie und nicht ohne Humor. Zuerst wurden diese Fundstücke mit dem Laubbläser in die Galerie befördert, mittlerweile ist Brandstifter mit seiner fluxen Konzeptkunst dada angekommen wo alle Kunst ihr Ende findet: im Museum. Nicht nur in Mainz hat er Aktionen mit seinen Zetteln veranstaltet sondern u.a. auch in Berlin und New York.
Im Ventil-Verlag erschien vor kurzem nun ein dünnes Buch, in dem diese 15 Jahre dokumentiert werden. Der allseits geschätzte Martin Büsser (1968–2010) liefert das Vorwort. Den Rest erzählt Stefan Brand kurz selbst und viele Fotos zeigen, was die Straßen so hergeben. Das liest man gerne und macht neugierig auf kommende Aktionen.
Am besten direkt beim Erzeuger oder beim Brandstifter bestellen!
GZ,
14.03.2013
ÜBER MUTTI
Februar 28, 2013Wolfgang Müller: Subkultur Westberlin 1979 – 1989
Freizeit
(Fundus Philo Fine Arts, 580 Seiten, ISBN 978-3-86572-671-1)
Wolfgang Müller hat wiedermal ein Buch geschrieben. Diesmal nicht über Elfen und auch kein kunstgeschichtlicher Zukunftsroman, sondern eine kleinformatige aber umfangreiche Hardcover-Ausgabe über Freizeit im Westberlin der 1980er Jahre. Der Titel grenzt das Thema ziemlich exakt ein: „Subkultur Westberlin 1979 – 1989“, was den Hobby-Ornithologen nicht daran hindert, diese zeitliche Eingrenzung in alle Richtungen zu überschreiten. Der Ex-Wolfsburger Müller berichtet über damalige Lokalitäten, Menschen, Künstler, Musiker, Filmemacher und deren Aktionen. Dabei berichtet Wolfgang Müller auch gerne über einen gewissen Wolfgang Müller, wie er z.B. im Risiko zusammen mit vielen anderen Leuten performt. Er kennt all die für die New Wave und Post Punk Bewegung wichtigen Läden und weiss darüber in kurzen Abschnitten zu berichten, allerdings nicht ohne abzuschweifen. Man erfährt immer wieder kurz, was aus diesen oder jenen Personen Jahre später geworden ist. Auch Vorfahren des sogenannten Genialen Dilletantismus werden beleuchtet. Von Oswald Wiener im Exil zu Sarah Wiener ist es nur ein paar Jährchen weit.
Als Noch-Nicht-Ganz-Berliner, der erst seit ein paar Monaten ausgerechnet in Ostberlin lebt, kann ich natürlich nicht beurteilen, wie korrekt und allumfassend der Müller’sche Blick auf das damalige Westberlin ist. Jeder Mensch hat seine eigene Wahrnehmung und Wirkungskreis, so dass so ein Buch nie den Anspruch auf objektive, allumfassende Wahrheit haben kann. Klar, dass hier insbesondere die Dilletanten und auch schwulesbi_schtrans*e Aspekte durchaus im Vordergrund stehen. Das ist Teil des Müller’schen Kosmas. Und dann ist da natürlich noch Die Tödliche Doris, die Band oder besser Künstlergruppe, in welcher der Buchautor damals tätig war. Müller lässt es sich nicht nehmen, in diesem Rahmen ausführlich ÜBER DORIS zu erzählen. Es kommt sogar vor, dass das Wort an Doris direkt übergeben wird. Obwohl es im wunderbaren Martin Schmitz Verlag bereits mehrere empfehlenswerte Bücher über Musik, Kunst und Filme von Die Tödliche Doris gibt, erzählt Müller hier nochmal deren Historie in eigenen Worten und setzt sie in Kontext zur damaligen berlinischen Freizeitkultur. Das ist ein bisschen doriszentrisch, aber durchaus interessant.
Dass es keine eindeutige Wahrheit gibt, zeigt der Missverständnisforscher Müller exemplarisch an Martin Kippenbergers Dialog mit der Jugend. Als Kippi für ein paar Monate das SO36 unter sich hatte, wurde er von Ratten-Jenny mit einem zerbrochenen Glas malträtiert, nachdem er sie aus dem Lokal entfernen wollte. So legt sie es in einen für „Subkultur Westberlin“ geführten Interview dar. Davon abweichend gibt es mindestens zwei weitere Versionen der gleichen Gegebenheit, die diese sogar an andere Orte verlegt. Man weiss also nicht, was man glauben soll. Und war das SO36 nicht gerade für seine fliegenden Bierdosen bekannt? Apropos Dosenbier: dank Doris und Bierfront haben es solche Dosen bis auf die Documeta in Kassel gebracht. Auch so etwas lernt man bei der Lektüre dieses drucktechnischen Erzeugnisses.
Offensichtlich hat Wolfgang Müller mit vielen verschiedenen Leuten über die damalige Zeit gesprochen. Im umfangreichen Anhang tauchen viele Verweise auf Gespräche und elektronischen Schriftverkehr mit dem Autor auf.
Trotz viel Doris erfährt man viel über die damalige, spezielle insuläre Situation der Westberliner. Wer einen objektiven Zeitreiseführer erwartet, wird enttäuscht sein. Wer sich aber auch für Wolfgang, Doris, Geniale Dilletanten und so interessiert und offen für Abschweifungen sowie Querverbindungen ist, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.
GZ,
27.02.2013
Ola!
Juni 30, 2012Alexandra Tobor – Sitzen vier Polen im Auto
Teutonische Abenteuer
(Taschenbuch, Ullstein, 2012)
So richtig schön werden sogenannte soziale Netzwerke erst, wenn sie ins Echtleben (RL) übergreifen, wenn man den Menschen, die hinter den Avataren stecken, plötzlich über den Weg läuft – oder sich deren Werke materialisieren, beispielsweise als Bilder oder Bücher. Die allseits bekannte Twitterin @silenttiffy aka Alexandra Tobor (* 1981), Urheberin des Begriffs „Öpve“, hat nun ihr erstes Buch veröffentlich, in dem sie ihren sogenannten Migrationshintergrund (seltsames Wort, btw.) verarbeitet. Das verwundert nicht, schließlich hat sie auch schon mal einen Text zum Thema Heimat in einer Broschüre der Wiesbadener Designagentur Stijlroyal veröffentlicht.
Tobor erzählt in ihrem Buch die Geschichte eines 8-jährigen Mädchens, das mit ihrer Familie von Polen nach Westdeutschland ausreist, ausgerechnet kurz bevor der Eiserne Vorhang fällt. Für Leute wie mich, die in Deutschland geboren wurden, ist der neugierig-naive Blick eines ausländischen Kindes sehr interessant. Was hier allgegenwärtig war, hatte dort fast schon Kultstatus. Und wie es so in einem Übergangslager seinerzeit zuging wußte ich auch nicht wirklich. Alexandra Tobor hat das alles erlebt und weiß darüber durchaus amüsant zu erzählen. Schließlich geht es ja nicht nur ums Aus- und Einwandern, sondern auch ums Aufwachsen, um Schule, Freunde und Freundinnen. Und natürlich um die resolute Oma Greta, die gegen Ende einen filmreifen Auftritt bei ihrer überraschenden Ankunft im Übergangsheim ihrer Nachkommen hat.
Das alles beschreibt Alexandra Tobor in einer wunderbar zu lesenden, schnörkelfreien, präzisen Sprache, die einen einfach im Lesefluß hält. Die Geschichte endet so ungefähr mit der Erstkommunion der Ich-Erzählerin, die zufälligerweise den Vornamen der Autorin trägt. So manches mag also irgendwie autobiographisch sein, aber letzten Endes wird es doch ein fiktionales Destillat darstellen.
Schade, daß hier nichts aus pubertären Phasen berichtet wird. Vielleicht wäre es in Richtung „Autobigophonie“ von Françoise Cactus (Lolitas, Stereo Total, Wollita) gegangen. Aber das wäre reine Spekulation.
Auf Soundcloud gibt es die ersten beiden Kapitel übrigens als „Hörspiel-Teaser“. Anhören!
Ach, und hier hat Daniel Decker die Autorin ausgefragt:
www.kotzendes-einhorn.de
PS:
Bitte nicht vom Buchtitel abschrecken lassen, der klingt wie die ersten Worte eines schlechten Witzes. Das hat wohl der Verlag verbrochen.
GZ,
26.06.2012
Miss.Tic Présidente
Juni 16, 2012Jorinde Reznikoff und KP Flügel – BOMB IT, MISS.TIC!
Mit der Graffiti-Künstlerin in Paris
(Taschenbuch, Kleine Bücherei Nautilus, 2011)
In Hamburg kennt man die AutorInnen Reznikoff und Flügel als MacherInnen der Neopostdadasurrealpunkshow auf Radio FSK (Freies Sender Kombinat). Und irgendwie scheinen die beiden etwas mehr als frankophil zu sein. So haben sie in ihrer Radio-Sendung über französische Musikfestivals berichtet oder das Label Le Son du Maquis porträtiert und die Komponistin Eliane Radigue interviewt.
In diesem handlichen Taschenbuch wird nun die Pariser (Street Art) Künstlerin Miss.Tic (* 1956) in ihren eigenen Worten vorgestellt, eine Frau, die sich von keiner politischen Richtung vereinnahmen läßt und auch von mancher Feministin angefeindet wurde. Das editierte Interview (die Fragen wurden weggelassen) wird durch ausgewählte Zitate anderer Künstler und Autoren ergänzt. Da taucht dann neben französischen Schriftstellern und Philosophen auch mal ein Gabi Delgado-López (Deutsch Französische … äh nee … Deutsch Amerikanische Freundschaft, natürlich) auf oder John Lydon (Public Image Limited) und Lydia Lunch (Teenage Jesus And The Jerks, 8 Eyed Spy). Da kommt etwas die Vorliebe der AutorInnen bzw. HerausgeberInnen für Post Punk und No Wave durch.
Vor der Lektüre dieses Buches kannte ich die Künstlerin Miss.Tic gar nicht. In den 1980er Jahren machte sie ihre ersten Ausstellungen indem sie mittels Schablonen ihre (Frauen-) Figuren an die Wände im öffentlichen Raum sprühte. Zahlreiche Schwarzweiss-Abbildungen zeigen ihre Text-Bild-Montagen, die voller Wortspiele und Anspielungen zu strotzen scheinen. Schade, daß ich mit der französischen Sprache nix am Hut habe (warum habe ich damals in der Schule nur Latein gebüffelt?). Gottseidank werden diese Spielereien in der Übersetzung der Bildtexte erklärt.
Empfehlenswertes Buch, nicht nur für Leute, die sich für Street Art interessieren.
Denn Kunst ist überall!
Auf Mauern, Bauzäunen und sogar in Galerien…
GZ,
13.06.2012
Blechluft 6
Juni 16, 2012Günter Sahler – Lass und über Musikkontexte reden
(Taschenbuch, Edition Blechluft 6, 2012)
Hier wird keine heiße Luft verbreitet und kein Blech geredet. Hier geht es um die neuere Historie deutscher experimenteller Musik, deren Urheber, den verwendeten elektronischen Mitteln (vom Theremin bis Laptop-Software) und Speichermedien (von Noten über CompactCassetten – die ja auch den Umschlag dieses Buchs zieren – bis hin zur mp3-Datei und der Cloud).
In Interviews erzählen Musiker wie Asmus Tietchens, Hans Castrup (von den Poison Dwarfs, einer Cassetten-Band der frühen 1980er Jahre, die anno 2012 ein neues Album veröffentlicht hat), Ulli Putsch (S.Y.P.H.), Markus Detmer (Staubgold-Label-Macher und Musiker bei Klangwart), Tom Scheutzlich (Mutter) oder Torstn Kauke (Superstolk) und andere, wie ihre Musik entsteht bzw. entstand. Diese Gespräche sind nicht säuberlich in einzelne Kapitel unterteilt sondern werden mit Zitaten anderer Künstler oder technischen Texten collagiert. Da treffen Erlebnisberichte auf Technikgeschichte, Hardware auf Software, Stockhausen auf Punk Rock. Und auch Damo Suzuki schaut auf einen Sprung vorbei. Es werden die Nischen der deutschen Popkultur ausgeleuchtet – erfreulicherweise auch in der vermeintlich düsteren Provinz. Für diesen Verdienst sollte man dem Editor Günter Sahler eine Ehrenurkunde überreichen.
GZ,
13.06.2012
Das Buch kann man hier bestellen:
www.blechluft.de.vu/
Späte Rose
Juni 16, 2012Gestern nahm ich in der S-Bahn auf dem Weg nach Esslingen am Neckar (zum hervorragenden Konzert der Band Extra Life, btw.) neben einer ganz in Gelb gekleideten ‚älteren Dame‘ Platz. Sie nahm ein dünnes aber nicht kleinformatiges Buch aus ihrer Tasche – skurillerweise ein Liederbuch. „Karl Marx – 14 Lieder“ glaubte ich zu entziffern (kann das sein?*). Die Schrift war in Fraktur gesetzt.
Und da saß sie nun, las Lied für Lied, las den Text und las die Noten. Während ich neben ihr mit meinem mp3-Player saß und gegenüber noch ein Typ mit zwei Handys, die er auch noch ständig benutzte, las sie Musik, ließ die Lieder in ihrem Kopf entstehen, in ihrer eigenen Interpretation. Das ist auf sympathische Weise very old school! Und verschwendet keinen Strom.
GZ,
07.06.2012
* meine spätere Recherche ergab: ja, das kann sein.