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Unsere Karte

Mai 8, 2013

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Gefunden beim Ausmisten:

Für die Langspielplatte „Unser Debut“ der Künstlergruppe Die Tödliche Doris werbende Postkarte der Firma  Ata Tak Records aus dem Jahr 1984.

Der Text auf der Rückseite lautet:

aus/from:
„UNSER DEBUT“,
DIE TÖDLICHE DORIS
Katalog Nr. ATATAK WR 33-LP
Released by ATATAK Records
Distributed by
BÜRO Distribution, Düsseldorf
and PLÄNE, Dortmund

Die Tödliche Doris, Köln-Ehrenfeld 1986

März 13, 2012

DIE TÖDLICHE DORIS
Ehrenfeld, NARANJA

Wolfram Kühne

20 qm reichten aus, um das Kölner Begehren nach einer tödlichen Doris auszufüllen. Nach einer Nachmittagsvorstellung begann die Truppe ihren zweiten Auftritt um 21.30 Uhr.
Die drei Akteure beschränkten sich auf reinen Gesang und kostümische Darbietung, die mit einem musikalisch Playback untermalt wurde. Die einzige Ausnahme bildete eine karge, kindlich gespielte Gitarre. Die Darbietung von Gesang, Bewegung und Verkleidung wurde mit gleicher Ernsthaftigkeit präsentiert. Diese drei Elemente waren weder extrem kraftvoll noch an die Realität gebunden.
Während des gesamten Konzertes liefen Filme, vor deren Hintergrund die Drei agierten. Überdimensionale Hüte, weiße Tücher von Reinheit, Baströckchen, Herrenslips für die Dame, Nacktheit für die beiden Herren, mit den Händen verbundene Gesichter. Freier Tanz zur Musik, Wortfetzen als Sprachgesang. Eine Improvisation war es nicht.

Nikolaus Utermöhlen

DIE TÖDLICHE DORIS
NARANJA, Köln-Ehrenfeld

Gisela Lobisch

Gerade zurück von einer Tournee mit dem Goethe-Institut, traten die „Tödliche Doris“ zum ersten Mal in Köln auf. Die beiden Berliner Besitzerinnen des Narinja, seit etwa 10 Monaten in Köln, hatten die Gruppe aus Berlin für einen Auftritt in ihrer Galerie gewinnen können. Zwischen dem Nachmittagskonzert und dem Abendkonzert sprachen wir mit „Tödliche Doris“.

METRO-NOM: Tödliche Doris, ihr seid Käthe Kruse, Wolfgang Müller und Nikolaus Vermählen [eigentlich Utermöhlen – GZ]. Könnt Ihr etwas über euch erzählen, eure Art von Musik, eure Performance, euer Hauptaktionsfeld.
WOLFGANG: Nun, die Gruppe gibt’s seit 1980, und wir haben verschiedene Platten gemacht.
METRO-NOM: Wieviel Platten habt ihr bis jetzt gemacht?
WOLFGANG: Ich glaube das war jetzt die 4. LP, die wir kürzlich gemacht haben.
METRO-NOM: Wo ordnet ihr euch musikmäßig ein?
WOLFGANG: Ach, das machen wir gar nicht. Die Frage der Einordnung berührt uns nicht. Es gibt verschiedene Menschen, und die ordnen das ein, für uns ist das eigentlich keine Frage. Wir möchten nicht etwas machen, damit man uns einordnet.
METR-NOM: Wie ist eigentlich der Verkauf von euren Platten?
WOLFGANG: Ach, ganz gut würde ich sagen, von den ganzen Independent Sachen, die so 1980 entstanden sind, gibt’s kaum noch welche auf dem Markt. Wir haben nie auf einen größeren Verkauf spekuliert. Ist ja auch schlecht mit der Musik. Es ist verschieden, von dem einen Objekt hamwa nur 1.000 Stück gemacht, und die waren in 2 Monaten alle weg. Die gingen auch in’s Ausland. Andere Platten sind nicht limitiert. Die ersten Platten werden immer noch kontinuierlich weiterverkauft. Es ist verschieden.
METRO-NOM: Irgend jemand hat euch als „geniale Dilettanten“ bezeichnet.
WOLFGANG: Ich habe mal ein Buch geschrieben mit diesem Titel. Es ist im Merve-Verlag erschienen.
METRO-NOM: Ja, ich habe versucht es im Buchhandel zu bekommen. Aber leider war es vergriffen, und man denkt auch nicht an einen Nachdruck. U.a. stand auch was drin über Blixa Bargeld.
WOLFGANG: Das Buch bezog sich auf ein Festival, das 1983 in Berlin stattgefunden hatte. Die Bezeichnung „geniale Dilettanten“ war die Möglichkeit, uns zu unterscheiden von dem, was damals alles mit „Neue Deutsche Welle“ abgehandelt wurde. Der Begriff löst sich ja auch selbst auf. Deswegen ist er auch gar nicht so dogmatisch und ideologisch wie er sich anhört.
METRO-NOM: Ihr habt vor einiger Zeit eure Performance auf einer „Kaffeefahrt“ nach Helgoland gemacht?
WOLFGANG: Ja, vor 2 Jahren.
METRO-NOM: Wie lief das denn ab, was kamen da für Leute?
WOLFGANG: Wir haben das aufgezogen wie die üblichen Kaffeefahrten, die immer so angeboten werden. Da gibt’s ja auch Tagesfahrten in den Westerwald oder in verschiedene Städte. Wir haben Karten verkauft,
und es sind 25 Leute mitgefahren.
METRO-NOM: Was sind eure Pläne für die nächsten Monate?
WOLFGANG:Wir bereiten ein Buch vor.
METRO-NOM: Worüber?
WOLFGANG: Ist schwer zu sagen. Ja, ein ziemlicher Info-Crack das Buch, es wird mehrere 100 Seiten haben.
METRO-NOM: Kannst du das etwas näher erklären? Was wird drin stehen?
WOLFGANG: Ooch, eigentlich alles. Das Buch ist ein Objekt.
METRO-NOM: Mmh?
WOLFGANG: Ja, dann waren wir jetzt in Japan.
METRO-NOM: Wie kommen eigentlich solche Kontakte in’s Ausland zustande? Wenn ich an eine Plattenauflage von 2.000 Stück denke …
WOLFGANG: Das greift ganz bestimmte Ecken, und ich glaube nicht, daß es eine Frage der Auflage ist. Wir reagieren ja z.B. auch nur auf Anfragen. Wenn wir gefragt werden, dann überlegen wir, ob wir wollen oder nicht wollen. Wir lassen das einfach fließen, was gerade so kommt, das nehmen wir vielleicht. Wir haben also keine Kontakte nach Japan oder Amerika aufgebaut.
METRO-NOM: Ihr hab vorher noch nie in Köln gespielt, wie kommt’s?
WOLFGANG: Wir haben noch nie eine Anfrage bekommen. Das mag auch daran liegen, daß viele Gruppen den Veranstaltern Angebote machen, das machen wir eigentlich nie. Wenn sich jemand meldet, dann sagen wir nicht gleich ja, aber wir entscheiden uns. Dann kommen wir auch in ganz komische Ecken. In Darmstadt haben wir z.B. in einen Buchladen gespielt.
NIKOLAUS: Finde ich auch besser, weil die Leute die an uns herantreten, sich dafür begeistern und sich speziell dafür einsetzen, und dann ist es auch interessanter für dich selber.
WOLFGANG: Das finde ich auch angenehmer, es ist nicht so inszeniert, und dadurch merken wir auch, aus welcher Ecke die Angebote kommen. Wir haben schon Briefe von Leuten bekommen, die sich beschwert haben, daß wir noch nie in Ruhrgebiet gespielt haben. In England hatten wir mal einen großen Artikel in einer Zeitung, eine Doppelseite aber noch nie ein Konzert.
METRO-NOM: Legt ihr Wert darauf, vor einem bestimmten Publikum zu spielen, oder ist euch das egal?
WOLFGANG: Also, egal ist uns das nicht. Im Grunde ist es schon gut, wenn sich das mischt. Es kann auch nicht anders sein.
METRO-NOM: Die Karten für das Laurie Anderson Konzert kosteten 40 – 60 Mark und das Publikum war geprägt durch die, die sich das leisten konnten.
WOLFGANG: Ja, ich fände gut, wenn man das ausschließen könnte …. nein, ich meine, wenn man dann auch die Möglichkeit schafft, Schülerkarten zu 10 Mark anzubieten.
METRO-NOM: Wie war die Vorstellung heute nachmittag?
WOLFGANG: Och, ganz gut. Ist halt klein hier der Raum, deswegen haben wir auch 2 Konzerte gemacht. Normalerweise machen wir ja nur eins.
METRO-NOM: Das Naranja ist ja ziemlich neu hier in Köln und ist auch noch nicht so sehr bekannt. Trotzdem sind beide Vorstellungen fast ausverkauft.
WOLFGANG: Das spricht sich eben rum. Gestern haben wir in Darmstadt gespielt. Der Veranstalter meinte, höchstens 1/3 der Leute seien aus Darmstadt gewesen. Der Rest kam aus Karlsruhe, Frankfurt, Heidelberg, und einer war aus Tokyo.
METRO-NOM: Was haltet ihr von der Performance einer Laurie Anderson.
WOLFGANG: Ich habe noch nie etwas von ihr gesehen. Wir hätten sie beinah getroffen bei der „Gelbe Musik“ Signierstunde, aber da waren wir gerade weg. Die Produzentin der „Gelben Musik“ produziert zwei Projekte von uns. Wir haben auch 2 Platten bei Atatak gemacht, und dann haben wir eine privat machen lassen. Da ist ein Fan von uns, seit Jahren, der hat zehntausend Mark geerbt und hat davon eine LP für achttausend Mark produziert. Vertreibt er auch selbst. Der sitzt zuhause in seiner Wohnung und hat da seinen Stapel-Platten. Er ist allerdings auch etwas unzuverlässig. Oft antwortet er nicht. Wenn die Leute unfreundlich sind, kostete die Platte ein bischen mehr, wenn sie nett sind, kostet sie etwas weniger. Manchmal ist er etwas störrisch. Ja, dann kam wieder „Gelbe Musik“, die klassische Musik und Avantgarde erfaßt, aus sehr künstlerischen Gesichtspunkten. Das ist eine schöne Kreuz- und Quer-Bewegung. Die Sachen müssen nicht an einer Stelle landen. Das finde ich das Langweilige an diesen ganzen deutschen Gruppen. Man weiß, jetzt wird das Label noch größer und dann ist Schluß. Es geht nie jemand von einem großen Label zu einem ganz kleinen, weil das dann gleich einen irrer Image-Verlust mit sich bringen würde, und die Gruppe ist dann nicht mehr „in“. Wenn man sich von vornherein diese Möglichkeiten des Wechsels schafft, kann man immer damit operieren, man hat einen größeren Freiraum.
METRO-NOM: Habt ihr überhaupt irgendwelche Kontakte zu Künstlern aus eurem Bereich? Macht ihr schon mal mit anderen Gruppen was zusammen?
WOLFGANG: Eigentlich kaum. Plan, z.B., die haben 2 Platten von uns realisiert. Wir haben unsere Platten immer bei unterschiedlichen Labels gemacht. Wir haben kein Label, bei dem wir bleiben wollen und sagen, da verpflichten wir uns jetzt.
METRO-NOM: Wollen wir hier mal abbrechen? Ich glaube ihr müßt euch jetzt fertigmachen. Eure nächste Vorstellung beginnt um 21.00 Uhr?
WOLFGANG: Och nee, lieber später, so um halb zehn, ’n bischen partymäßig.
METRO-NOM: Käthe, auf dem Gebiet der Performance und Musik sind relativ wenig Frauen dabei. Wie fühlst du dich hier mit den beiden Jungs.
KÄTHE: Gut, ja
WOLFGANG: (!!) Wenig Frauen sind also nicht dabei. Wir sind überrepräsentiert. Wir haben auch mit T[h]abea Blumenschein gespielt, sehr oft. Dann waren wir zwei Männer und zwei Frauen. Jetzt haben wir eine Mischtechnikerin, Beate, also zwei Frauen, zwei Männer. Wenn wir mit dem Auto fahren, fährt Käthe hauptsächlich.
METRO-NOM: Und die anderen saufen.
Käthe: Nein, nein, auch Beate fährt. Wolfgang hat als einziger keinen Führerschein. Nikki fährt die DDR-Strecken bis 100. Ist alles aufgeteilt.
METRO-NOM: Wer bringt denn die Ideen rein, die Lyrik, Musik, Filme, ist das ein Gemeinschaftsprojekt?
WOLFGANG: Jeder bringt was rein. Wir haben verschiedene Stärken. Es gibt eine Kontrolle dadurch, daß ein Text steht und jemand sagt: „Also das finde ich ganz bescheuert, das Wort hier oder den Zusammenhang“ oder „Das finde ich ganz toll“.
METRO-NOM: Könnt ihr von eurer Musik leben?
WOLFGANG: Wir machen auch Filme und Bücher. Na ja, leben … Wenn wir keine Lust haben, Konzerte zu machen oder es kommen nur blöde Angebote, dann arbeiten wir eben was anderes.
METRO-NOM: Also ist euch das nicht so wichtig, von eurer Musik zu leben?
WOLFGANG: Nein, aber es ist schon angenehmer, wenn wir gute Angebote haben und wenn das Honorar dann so ist, daß wir nicht unbedingt andere Arbeiten machen müssen. Die Vorbereitungszeit nimmt ja auch viel Zeit in Anspruch. Wir haben schon oft Nebenjobs gehabt.
Stimme aus dem Hintergrund: Ihr müßt euch jetzt fertigmachen!
WOLFGANG: Ja, ok. Vielleicht sehen wir uns nachher noch?
METRO-NOM: Ja, danke.

Über die Inhalt des geplanten Buches konnte ich der „Tödlichen Doris“ nichts Genaueres entlocken. Lassen wir uns überraschen …

Diese Texte stammen aus dem Kölner Fanzine METRO-NOM, Ausgabe Nr. 1,  August/September 1986.
Hier diese drei Seiten im Original-Layout als PDF:
Metronom_Nr1_1986_DieToedlicheDoris_Interview

Wir bauen eine neue Stadt

Mai 24, 2010

Bei „Wir bauen eine Stadt – Ein Spiel für Kinder“ handelt es sich eigentlich um ein klassisches Musikstück von Paul Hindemith, das  in den frühen 1980er Jahren von Holger Hiller und Thomas Fehlmann elektronisch gecovert und auf Cassette (bei Ata Tak) veröffentlicht wurde, anschließend bzw. gleichzeitig hat Palais Schaumburg (siehe Foto: Thomas Fehlmann, Holger Hiller, Timo Blunck, Ralph Hertwig) einen New Wave Pop Song daraus gemacht, den wiederum Jahrzehnte später die junge Hamburger Band 1000 Robota nachspielte. Und nun haben auch noch Gudrun Gut und Antye Greie zusammen auf ihrer Baustelle eine neue Version veröffentlicht. Hört selbst! Hier ein paar Links zum Thema:

PAUL HINDEMITH (1930)
(leider nur ein sehr kurzer Ausschnitt auf dem Klavier)

HOLGER HILLER / THOMAS FEHLMANN (1981)
Leider keine klingende Datei gefunden. Aber eine Besprechung von Martin Büsser, anlässlich der Wiederveröffentlichung auf Vinyl:
Wir bauen eine Stadt (nach Paul Hindemith)

PALAIS SCHAUMBURG (1981)

1000 ROBOTA (2008) live:

AGF / ANTYE GREIE (2010)
Acappela in Vorfreude auf ihre Kooperation „Baustelle“ mit Gudrun Gut:

GREIE GUT FRAKTION (2010)

Schlimm. Schlimm?

Mai 20, 2010

Ein Interview mit DIE ZIMMERMÄNNER

(zwei Seiten aus Oi Oi Oi! Nr. 1 vom April 1983)

Fortpflanzungssupermarkt

April 27, 2010

Ein altes Foto: Die Zimmermänner konzertierten am 15.02.1983 in Würzburg

DIE ZIMMERMÄNNER – Fortpflanzungssupermarkt
(LP / CD, Zickzack, ZZ2018, 2007)

Ich hätte ja nie im Leben einen Gedanken daran verschwendet, dass DIE ZIMMERMÄNNER jemals wieder eine Platte veröffentlichen würden. Aber genau dies ist im März 2007 geschehen. Das neue Album hört auf den Namen „Fortpflanzungssupermarkt“ – ein Titel, der natürlich an ihre erste LP „1001 Wege Sex zu machen ohne daran Spaß zu haben“ (von 1982) erinnert. Genau, DIE ZIMMERMÄNNER waren damals eine Hamburger Band um Timo Blunck und Detlef Diederichsen, die ihren deutschsprachigen Pop auf Labels wie Zickzack und Ata Tak veröffentlichten. Und 1983 sogar mal im Würzburger Kulturkeller live gespielt haben. Aber nach nur einer halben Stunde war Schluss, weil stumpfe, biertrinkende Punks die Band mit Hohlglas bewarfen. Für die waren diese Hamburger Jungs Popper, genauso schlimm wie Hubert Kah. Zu doof, diese spießige Intoleranz und Faulheit zu differenzieren! Dabei waren DIE ZIMMERMÄNNER nie eine richtige Neue Deutsche Welle-Band, sondern schon immer einfach nur an guter, geschmackvoller Popmusik interessiert – aber halt mit deutschsprachigen, durchaus originellen Texten. Und auch mal mit Bläsersätzen oder Streicherarrangements.

Anno 2007 besteht die Band fast nur noch aus Timo und Detlef – alte Schulfreunde und Gründungsmitglieder. Ab und zu tauchen auch frühere Mitmusiker auf. Darunter zum Beispiel Christian Kellersmann oder Rica Blunck, die auf der ersten Single – noch unter der Firmierung EDE & DIE ZIMMERMÄNNER – gesungen hat. „Fortpflanzungssupermarkt“, um nochmal diesen weniger super klingenden Titel des Albums zu erwähnen, mutet gottseidank nicht nostalgisch an. Die Produktion ist auf dem Stand der Zeit, das Sound-Design ‚amtlich‘ – schließlich ist Blunck im Besitz eines Tonstudios für Werbemusik. Eingängig groovt man sich von Bad Ems nach Paderborn. Singt eine Hommage auf die Schauspielerin Christiane Paul. Keine Ahnung, womit sie diese Ehre verdient hat. Ist trotzdem ein flotter Popsong. Während sich die Musik auf ordentlichem Niveau hält, gibt es so manche textlichen Aussetzer, die in den 1980er Jahren noch geschickt umschifft wurden. Trotzdem eine schöne, meist gut gelaunte Platte. Nix für Hardcore Bad Alchemisten. Eher etwas für den Mainstream der Minderheiten, der an gute Popmusik aus deutschen Landen glauben mag.

28.02.2007

(Wiederveröffentlichung; geschrieben für Bad Alchemy.
Das Foto erschien in der Erstausgabe des Fanzines Oi Oi Oi!)

Respekt!

Februar 16, 2010

Fehlfarben – Glücksmaschinen
(LP / CD, Tapete Records)

Auch wenn es einzelne Leute gibt, die den heutigen Fehlfarben jegliche Relevanz für das Hier und Jetzt absprechen, so haben sie 2010 doch wieder ein neues Album mit acht kompakten, meist sehr munteren Stücken veröffentlicht. Da klingt nichts verstaubt, nostalgisch oder nach Verlegenheitslösung. Eher so als ob diese All Star Band – deren Mitglieder früher ja bei Mittagspause, Charley’s Girls, S.Y.P.H., Der Plan, Mau Mau, Camp Sophisto, Family 5 etc. mitwirkten – im Studio ihren Spaß gehabt und nebenbei acht Lieder aufgenommen hat. Da wird der Sommer nach der Krise besungen oder wie das so ist, wenn man wegrationalisiert wird. Auch wird von Peter Hein und seinen Mitstreitern ein kritischer Blick auf diese Sache mit den Internetbekanntschaften geworfen. Und natürlich freuen sie sich noch frei zu leben und nicht im Eigenheim dahin zu vegetieren. Für so eine Platte sollte man diesen Damen und Herren Respekt zollen. Aber am Ende des letzten Stückes, das anfangs als Instrumental daher kommt, wird man für eine solche Respektbekundung schon mal vorab beschimpft.
So mag ich Schallplatten: kurz und bündig, ohne jeglichen qualitätsmindernden Füllstoff.

Und hier kann man sehen, wie sich die Band – wie Peter Hein neulich während einer Lesung in Hamburg sagte – „zum Affen macht“:

16.02.2010

Über: Alles nur geträumt

Januar 11, 2010

Hollow Skai:
Alles nur geträumt – Fluch und Segen der Neuen Deutschen Welle
(Hannibal / Koch)

Hollow Skai kennt man von früher. Zumindest vom Hörensagen. Damals in den frühesten 1980er Jahren hat er das No Fun-Label in Hannover betrieben (kollektiv mit Leuten u.a. von Hans-á-Plast) und somit den Aufstieg und Fall von Punk und New Wave aus deutschen Landen hautnah als Zeitzeuge erlebt. Davon erzählt er in seinem im Jahr des Herren 2009 bei Hannibal erschienenen Buch „Alles nur geträumt – Fluch und Segen der Neuen Deutschen Welle“. Er erzählt von den ersten deutschen Retorten-Punk-Bands und dem Düsseldorfer, Berliner, Hamburger und Hannoveraner Untergrund, aber auch von ein paar wenigen Bands in der Provinz. Er weiß zwischen New Wave, Neue Welle und Neue Deutsche Welle / NDW zu differenzieren. Und er hat das Insider-Wissen eines zu jener Zeit aktiven – alternativen – Geschäftsmannes um zu erklären, warum damals kleine Vertriebe eingingen und einzelne Bands zu den großen Kompanien wechselten. Und dann ist da noch die Geschichte von den altgedienten Profi-Musikern, die auf den „Die neue Welle zur Frikadelle“-Zug aufsprangen. Das ganze liest sich flott und unterhaltsam. Das einzige, was mich an diesem Buch stört ist, dass Hollow Skai dann manchmal doch etwas hudelt. Da behauptet er auf Seite 55, dass auf dem zweiten Album von Der Plan „beschwingte kleine Single-Hits wie ‚Da vorne steht ’ne Ampel'“ enthalten seien – meines Wissens wurde dieses Lied damals wirklich nur als 7″ veröffentlicht. Auf meiner „Normalette Surprise“-Vinyl-Ausgabe sucht man dieses Stück jedenfalls vergeblich. Und dass in der Auswahldiskographie im Anhang das Label Ata Tak konsequent falsch als Warning Records – dessen allererste Wuppertaler Inkarnation – erscheint, finde ich auch etwas befremdlich. Ebenfalls seltsam: dem Autor scheint eine Band, die ich bis dato erfolgreich versucht habe zu ignorieren, doch irgendwie sympathisch zu sein: Extrabreit. Der Roman „Hart wie Marmelade“ von deren Sänger Kai Havaii wird sogar besonders gelobt – während das Buch „AnarchoShnitzel schrieen sie“ von Oliver Maria Schmitt (Die Partei, ex Titanic Magazin) beherzt verrissen wird. Rührend, wie ernst Skai den teilweise etwas pubertär daher kommenden Satiriker Schmitt nimmt. Na dann werde ich mir wohl den Roman von Herrn Havaii mal antiquarisch besorgen und zu Gemüte führen müssen.

Ohne Bezug zu diesem Buch möchte ich Hollow Skai und seinen Mitstreitern bei No Fun Records danken für Langspielplatten von Bands wie Hans-á-Plast, Der Moderne Man,  Mythen In Tüten, 39 Clocks sowie Bärchen und die Milchbubis!

(18.12.2009)