Ach Herrgott, das ist ja schier unglaublich! Der Wissenschaftler und Entdecker Frank Apunkt Schneider hat eine neue Sonderform von irgendwie increbibly obscure music ausgekundschaftet: Sacro-Pop. Darunter ist weder White Metal noch Gospel Music und auch nicht Bruce Low zu verstehen, sondern solche Musik, die in Pfarrgemeindezentren und Jugendgottesdiensten dargeboten wurde bzw. wird. Christliche Gebrauchsmusik sozusagen, zumeist von Hobbymusikern oder Semiprofis gepflegt. Auf dem Cassettensampler „The Power of German Lashcore Part IV – Alle Welt soll es erfahren…“ (MC, Hausmacherkassetten WWW.1975.DE/666ff., 2000) wurde nun ein bunter Querschnitt durch diese spezielle Musikwelt zusammengestellt, die sich verschiedenster popmusikalischer Genres bedient: von Chanson über Schlager bis hin zum Folk und Rock oder gar Country & Western ist vieles möglich (sogar ein Reli-Lehrer-Rap ist vertreten, den ich eigentlich eher dem Pädagogen- als dem Sacro-Pop zuordnen würde). Ebenso hemmungslos wird durch die letzen Jahrzehnte (50er bis 90er Jahre des 20. Jahrhunderts) zeitgereist – wobei auffällt, daß die Aufnahmen oft ca. zehn Jahre älter wirken als sie datiert sind. Manchmal klingt es etwas schräg – teils wegen der sperrigen, zumeist deutschsprachigen Texte, teils wegen der laienhaften Musikdarbietung – aber kann durchaus in die Nähe von Groove oder gar Ohrwurm gelangen. Sendungsbewußtsein und die frohe Botschaft werden über songwriterische Perfektion gestellt und treiben doch so manch eingängige Blüten. Wer dieses Tape nicht lediglich als Kuriositätenkabinett genießen, sondern noch mehr über Sacro-Pop wissen möchte, der kann im Beiheft zu dieser Compilation eine ausführliche pop-historische Aufarbeitung dieses Themenfeldes studieren (welche von Bad Alchemy-Autor Frank Apunkt Schneider stammt und in Heft Nummer 8 der Publikumszeitschrift Testcard in leicht gekürzter Version erschienen ist). Das seltsame an dieser Cassette ist übrigens, daß man spätestens nach dem zweiten Durchhören nicht mehr genug von dieser Musik haben kann. Derzeit höre ich sie einmal täglich. Und es geht mir gut dabei. Gottseidank!
(Wiederveröffentlichung; geschrieben im Dezember 2000 / Januar 2001 für Bad Alchemy 37)