
Rhys Chatham Portrait-Konzert
(Klub Katarakt 32, Kampnagel Music Hall, 20.01.2011)
Schon super, wenn man auf ein Konzert eines Komponisten geht, den man noch garnicht kennt, aber sich trotzdem sofort in dessen Sound heimisch fühlt. So geschehen am vergangenen Donnerstag beim Konzert mit Rhys Chatham, dessen Name mir vorher nicht präsent war. Dabei wurden Werke von ihm auch auf dem amerikanischen Label Table Of The Elements veröffentlicht und der allseits bekannte Glenn Branca war Mitglied der Band, die 1977 „Guitar Trio“ konzertant aufführte.
Dieses Portrait-Konzert war dreigeteilt: zuerst verschiedene Kompositionen für elektrische Gitarren, E-Bass und Schlagzeug, dann ein Gespräch mit dem Komponisten und abschließend ein Frühwerk für zwei riesige chinesische Gongs.
Im Gespräch kamen auch biographische Eckpunkte zur Sprache. Chatham (geboren 1952) studierte u.a. bei Morton Subotnick und La Monte Young und stimmte zum Broterwerb Cembalos. Im Alter von 24 Jahren ging er das erste mal in seinem Leben auf ein Rock-Konzert – ausgerechnet zu den Ramones im CBGB‘s. Das beeinflusste ihn derart, dass er fortan Werke für elektrische Gitarren schrieb.
An besagtem Donnerstag wurde auch die Komposition „Guitar Trio“ aus dem Jahr 1977 gespielt, allerdings in einer 30 Jahre später überarbeiteten Version namens „G3“ mit insgesamt 10 Gitarristen. Zu einer fast schon krautrockigen Rhythmusgruppe spielen die Gitarristen obertonreiche Sounds, die den Effekt haben, dass man mehr hört als eigentlich gespielt wird. Stellenweise konnte man fast schon Gesangsstimmen erahnen. Allen Sonic Youth-Fans dürfte dieser Sound mehr als bekannt vorkommen (kein Wunder – man kennt sich in Downtown New York). Offensichtlich hat Rhys Chatham nicht nur den damaligen New Yorker No Wave beeinflußt.
Zuvor wurde „Die Donnergötter“ (1985/86) aufgeführt, eine – im Gegensatz zu den anderen Stücken – komplett ausnotierte Komposition, die noch strukturierter anmutete und mit nur 6 Gitarren auskam. Der Titel ist, so wurde erzählt, einem Konzert-Review (im Stern!?) eines Auftritts von Chatham auf dem Moers Festival entlehnt.
Als Zugabe wurde „The Out Of Tune Guitar, No. 4“ (2008) dargeboten, ein relativ statisches Stück in pythagoräischer Stimmung. Aufführende waren jeweils das Boyds Elektro Gitarren Orchester mit Rhys Chatham himself als Dirigent und auch mitspielendem Gitarristen.
Nach dem Komponistengespräch und entsprechender Pause wurde im Saal nebenan noch „Two Gongs“ (1971) aufgeführt. Zwei PerkussionistInnen halten sehr lange (ich habe nicht auf die Uhr geguckt, aber eine Stunde könnte es gewesen sein) jeweils einen großen Gong permanent in Schwingung. Dabei entstehen Sounds, die man von einem Perkussionsinstrument nicht unbedingt erwarten würde: flächige, sich ständig verändernde Klänge, die stellenweise sehr laut und noisy daherkommen. Auch hier wieder ein Experiment mit Obertönen. Und irgendwie auch Vorbild für seine späteren E-Gitarren-Stücke.
Faszinierend.
Auch auf youtube wurde dieser Konzertabend dokumentiert:
Rhys Chatham & Boyds Elektro Gitarren Orchester
(live Hamburg 20.01.2011)
G3 (die letzten 5 Minuten)
G3 (Finale)
Die Donnergötter Teil 1
Die Donnergötter Teil 2