
Am 12. April 1984 spielten THE MILKSHAKES aus England wiedermal im [Jugendzentrum] Falkenhof in Würzburg. Dieses Konzert war inzwischen schon ihr fünftes in Würzburg (1x Kulturkeller, 1x Omnibus, 3x Falkenhof) und endlich haben wir es gewagt, so schüchtern wie wir sind, ein Interview (oder sowas) mit ihnen zu machen. Trotz mäßigen Englischkenntnissen und unleserlichen Notizen nun das langersehnte Interview mit THE MILKSHAKES:
Oi Oi Oi!:
Wer sind die MILKSHAKES?
The Milkshakes:
Die MILKSHAKES sind Billy [Childish], Bruce [Brand] (beide Ex-POP RIVETS), John [Gewen] und Micky [Hampshire]. Ursprünglich waren die POP RIVETS und THE MILKSHAKES zwei voneinander unabhängige Bands, aber seit 3-4 Jahren machen wir zusammen als THE MILKSHAKES weiter.
O: Wie würdet ihr eure Musik bezeichnen?
M: Rock’n’Roll, Acid Punk, Cycle Motobilly, Rhythm’n’Beat.
O: Spielt ihr die Musik eurer Väter?
M: Einige unserer Songs sind von unseren Vätern, aber die meisten Titel haben wir selbst geschrieben.
O: Wollt ihr mit euren Texten etwas sagen?
M: Eigentlich weniger. Meistens geht’s um Frauen, um Autos und ums sich zulaufen Iassen.
O: Welche Musik hört ihr so?
M: Nur gute Musik aus den 50er, 60er und 70er Jahren, weniger aus den 80er. Vor allem halt alte Songs.
O: Was haltet ihr von Gruppen wie SOFT CELL oder DEPECHE MODE?
M: Fucking creeps!
O: Und was haltet ihr von SHAKING STEVENS?
M: Bruce ist sein Sohn! Außerdem war Bruce Sessiondrummer bei NENA’s „99 Red Ballons“.
O: Warum nennt ihr euch eigentlich THE MILKSHAKES?
M: Als wir mal durch irgendeine Straße gingen, kamen uns 6 (oder 122) Schwarze entgegen und sagten zu uns „Ab sofort nennt ihr euch THE MILKSHAKES!“.
O: Warum veröffentlicht ihr eure Platten auf einem unabhängigen Label?
M: Wir wollen nicht, dass uns irgendeiner sagt, was wir spielen sollen und wieviel Platten wir im Jahr aufnehmen müssen. Wir sind froh, dass wir ein unabhängiges Label gefunden haben und machen was wir wollen.
O: Wie fühlt Ihr euch auf der Bühne?
M: Besoffen. Einfach zuviel Bier. Während unserer Auftritte trinken wir meistens zwei Flaschen Whiskey und etliche Biers.
O: Wer kommt denn so zu euren Auftritten?
M: Total verschiedene Leute. Teds, Punks, normale Leute. Auch ältere, die diese Musik gehört haben, als sie noch jung waren, in den frühen 60er Jahren. Ich würde sagen, wir haben ein Publikum im Alter zwischen 14 und 40. Nur die 12jährigen Mädchen kommen meistens nicht, weil ihre Großmütter sie vor uns einsperren müssen.
O: Wie steht ihr zu eurem Publikum?
M: They pay, we bless them!
O: Um was geht’s euch bei euren Auftritten?
M: Vor allem ums Feeling! – Aber vom Feeling kriegt man kein Geld!
O: Seid ihr berühmt?
M: Weniger. Wir nehmen selbst auf und verkaufen unsere Platten in der ganzen Welt. Wir spielen halt und machen Platten. Bis jetzt gibt’s von uns vielleicht 30.000 – 40.000 Platten. Am 1.2.1984 haben wir ja vier LPs an einem Tag herausgebracht, die wir alle in ein paar Wochen aufgenommen haben. Insgesamt haben wir jetzt 8 LPs in drei Jahren herausgebracht und zwei Singles.
O: Könnt ihr von eurer Musik leben oder arbeitet ihr auch?
M: Von der Musik können wir nicht leben. John hat seine Arbeit aufgegeben, als wir nach Deutschland gingen. Bruce hat noch einen Job als Kellner in ner Bar. Der Rest lebt von der Wohlfahrt.
O: Welche Zahnpasta benutzt ihr?
M: Keine, weil wir sowieso so nach Bier stinken, dass es egal ist.
O: Was haltet ihr vom deutschen Bier?
M: Davon kann man Fässer saufen ohne dass man besoffen wird!
O: Könnt ihr eigentlich auch Deutsch?
M: Nein, aber Bruce spricht ein bißchen Deutsch.
Bruce: Dummkopf! Doof!
O: Was erlebt Ihr so auf Euren Trips durch Europa?
M: Ja, wir sind illegal über die DDR-Grenze gefahren, als wir nach Berlin fuhren. Dabei hat sich Gary (ihr Roady) den Arm gebrochen.
Gary: Micky lügt wie gedruckt
O: Stimmt das?
Micky: Ja, stimmt!
(hä?)
O: Was habt ihr so für Lieblingsausdrücke?
M: ‚Get out of your milk!‘, ‚Fucking shit!‘, ‚Where’s the whiskey?‘, ‚Where are the 12-year-old girls?‘, ‚Shaggy wiggy, ‚Knick Knock‘.
O: Und was heißt ‚Shaggy wiggy‘ oder ‚Knick knock‘?
M: Keine Ahnung. Haben wir gerade erst erfunden! Vielleicht was anderes für Fuck.
Nachdem uns dann keine Fragen mehr einfielen und uns die MILKSHAKES auch nicht mehr mit anderen Fragen weiterhelfen könnten, bestiegen sie irgendwann die Bühne und begannen zu spielen. Ihr erster Titel: „Let’s rock“. Ein guter Einstieg, denn THE MILKSHAKES rockten und rollten ziemlich los.
Ihre Musik: eben Rhythm’n’Beat, so wie er Anfang der 60er gespielt wurde. Manchmal hört man auch alte Songs von BO DIDDLEY, KINKS oder den BEATLES, die von den MILKSHAKES allerdings schneller und härter als im Original gespielt werden. Fetz, fetz. Rock, rock.
Kurz vor Ende ihres Konzertes brachten sie noch ein paar krönende, lustige, kurze Showeinlagen: Micky, Billy und John, die Gitarren/Bass in MP-Haltung gehen wie Tiger auf die Mädels los und schauen ihnen tief in die Augen, oder so. Nach etlichem Alk und zwei Zugaben („I wanna be your man“ und ein Instrumental, verließen die 4 MILKSHAKES dann fluchtartig den Saal. Im großen und ganzen ein absolut gutes Konzert! Beste Beatmusik von vier lustigen Engländern. Also, wenn THE MILKSHAKES das nächste Mal irgendwo spielen, nichts wie hin!
lym/del.toid/dom
(heißen Dank an DHT-project und einen Gruß an Hansi [Steinmetz]!)

Dieser Text stammt aus dem 4. Heft des Würzburger Fanzines Oi Oi Oi! (später 10.15 bzw. 10.16 Megazine), erschienen im Juli 1984.
