Posts Tagged ‘Reeperbahnfestival’

No More Reeper Mania!

August 18, 2012

Derzeit macht das Reeperbahn-Festival also Plakatwerbung für den im September 2012 in Hamburg stattfindenden „Event“. Selbst in Berlin sind hinterleuchtete „City Light Poster“ zu sehen. Ein sexy „Layout“ wurde in ein „Template“ für von der Hanselstadt Hamburg geförderte Kultur gezwängt. Oder ist es sogar schon sexistisch volle Busen öffentlich auszustellen? Voll klischeemäßig ist es auf jeden Fall: In Hamburch läuft sowieso jeder mit Matrosenmütze und Tatütatoos rum.

Aber man beachte auch das Kleingedruckte: gefördert wird das Festival also u.a. von den Gebrüdern Warner, dem Norddeutschen Rundfunk und der Bundesregierung. Ojehminee, das klingt ja echt voll total nach Rock’n’Roll! Es jetzt!

GZ,
16.08.2012

Feedback

September 25, 2011

Mein Eindruck vom Reeperbahn-Festival 2011
(22.-24. September 2011, verschiedenste Örtlichkeiten, Hamburg)

Schon wahnsinnig, da kommen fast 200 Bands an drei Tagen nach Hamburg auf das Reeperbahn-Festival. Einige sind etwas bekannter, die meisten eher nicht. Und so muss man sich bei der eigenen Programmgestaltung und der damit verbundenen Auswahl am besten auf Tipps von Freunden, den eigenen Instinkt oder den Zufall verlassen. Ich habe mir meist ein paar Fixpunkte gesetzt mit Bands, die ich auf jeden Fall mal sehen wollte, der Rest durfte sich ergeben.

Nicht nur die Bands und Veranstaltungsorte wurden immer mehr, auch das Beiprogramm mit Kunst und Campus (anscheinend so eine Art Branchentreff oder wasauchimmer) umfangreicher. Es gab sogar Lesungen und einen Poetry Slam. Die täglichen Programmzettel wurden dadurch ganz schön breit.

Die interessanteren Konzerte fanden eher in den kleinen Clubs statt. So gibt es in der Hasenschaukel meist interessante LiedermacherInnen zu erleben, beispielsweise MIREL WAGNER mit wunderbaren, etwas düstere Songs und eher zurückhaltendem Gitarrenspiel. Ihr Song „No Death Can Tear Us Apart“ ist einfach faszinierend. Schade nur, dass diese kompakten Veranstaltungsorte immer so schnell überfüllt sind. In der Molotow Bar musste man sich richtig rausquetschen um zum nächsten Konzert zu hechten.
Dort überraschte mich das Power Trio PAPER (Drums, Gitarre, Keyboards, Gesang) aus Schweden mit Ihrer gnadenlosen Mischung aus Punk Rock und Synthie Pop. Hätte vielleicht gut zur APPARAT ORGAN BAND gepasst, die ich mir gerne angesehen hätte, wenn sich deren Gig nicht mit dem von HERMAN DUNE überschnitten hätte. Dieser legte mit zwei Mitmusikern in der gediegenen Atmosphäre der Fliegenden Bauten einen schönen Auftritt hin, der mir anfangs etwas zu rockistisch erschien, mir aber später immer besser gefiel. Sympathischer Singer-Songwriter-Folk-Rock, jetzt ganz ohne „Anti-“ vor dem „Folk“.

Gut gefallen hat mir auch der Auftritt der Hamburger Frauenband DIE HEITERHEIT. Ich vermute, dass sich die Musikerinnen gerne auch Parole Trixi und Britta anhören. Schöne schrammelige, melancholische Gitarrenmusik mit deutschsprachigen, von einer relativ tiefen, angenehmen Stimme vorgetragenen Texten, für die manchmal fast ein Einzeiler genügt. Danach spielte ANNIE B SWEET in Angie‘s Nightclub. Aber das war mir zu süss und zuviel La La und dann coverte sie auch noch diesen langweiligen Hit von Aha.

GABBY YOUNG & OTHER ANIMALS war so ungefähr das Gegenteil von DIE HEITERKEIT, nämlich eine extrovertierte Jazz-Pop-Showtime mit abwechslungsreicher Musik, zum Mitsingen und Mitklaschen. Young wäre wohl gerne Opernsängerin geworden und singt in den höchsten Tönen, während ihre Musiker Freude daran haben dem Publikum ihre Könnerschaft unter Beweis stellen zu können. Das ist Entertainment pur. Aber ich möchte nicht unterhalten werden – ich möchte interessante Musik hören.

Das Konzert vom MICHAELA MEISE fiel am stärksten aus diesem Singer-Songwriter-Indie-Pop-Rock-Rahmen. In der (evangelischen) St. Pauli Kirche spielte sie alte (katholische) Kirchenlieder, die bis ins 16. oder 17. Jahrhundert zurück reichen – und zwar auf einem Akkordeon! Als Einstieg interpretierte sie aber noch das Lied „König“ von Nico. Durch das schnörkellose Akkordeon-Spiel und ihrer hellen Stimme bekommen diese Lieder eine schlichte Schönheit. Bei den letzten beiden Liedern wurde sich noch von Anna Voswinckel gesanglich unterstützt (selbiges tat übrigens auch Dirk von Tocotronic von Lowtzow auf ihrer LP bei „Preis dem Todesüberwinder“). Schade, dass nicht so viele Leute den Weg in die Kirche gefunden haben.

Am letzten Tag habe ich als erstes den Weg in eine Lesung geschafft. Im Imperial Theater trug TINO HEINEKAMP Ausschnitte aus seinem Klub-und-Kiez-Roman „Sowas von da“ vor. Ebenso wie sein Buch begann diese Lesung mit einem Knall. Schreckschusspistole. Das Ganze war sehr amüsant, da er gerne auch auf das Publikum eingeht, sich selbst unterbricht um Sachen anzumerken oder im Text erwähnte Songs einspielt. Als Intro wurden filmische Sankt-Pauli-Impressionen aus den 50er Jahren gezeigt; in der Halbzeitpause wurde Andreas Dorau gespielt.
Den zweiten Teil erlebte ich nicht mehr, weil ich noch Francis International Airport im Grünen Jäger sehen wollte und der ist ungefähr einen Kilometer von der Reeperbahn entfernt (vielleicht sollte man sich einen neuen Namen für das Reeperbahn-Festival ausdenken?). Der Grüne Jäger ist übrigens eine optimale Location wenn man nur ein paar Meter vor der Bühne stehen und gleichzeitig die Band doch nicht sehen möchte. Hören konnte man jedenfalls angenehmen Indie-Pop mit schönen Feedback-Flächen.
Im Molotow hatte dann die englische Band FIXERS ihr Debüt auf dem europäischen Festland und gab nervösen Indie-Rock zum besten, der hinsichtlich Gesang und Electronics stellenweise Anleihen bei Animal Collective nahm, aber ansonsten viel strukturierter und härter als diese daher kam.
Das Konzert von Ja,Panik! im Grünspan war für mich dann der krönende Abschluss. Indie-Gitarren-Mucke mit Klavier und deutsch-englischsprachiger Kauderwelsch-Lyrik. War eh klar, dass das gut wird.

Dummer Nebeneffekt des Reeperbahn-Festivals:
Ab sofort kann ich keine Gitarrenmusik mehr hören. Überall Gitarren, Gitarren, Gitarren. In jeder Band mindestens eine. Ich kann nicht mehr. Jetzt erstmal als Gegengift Musik von The Gamelan Orchestra From Pliatan hören…

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Meine Reeperbahn Fest 2011 Empfehlungen

September 5, 2011

2010 in der Hasenschaukel

Hier nun also meine Empfehlungen für das diesjährige Reeperbahn-Festival in Hamburg, Germany.
Seit ein paar Tagen ist der Zeitplan online. Und wie so oft kenne ich nur einen sehr kleinen Bruchteil der Bandnamen. Aber folgende Künstler sind mir dennoch aufgefallen.

Donnerstag, 22. September 2011

20:00 Uhr, Docks
The Raveonettes
Sixties-beeinflußter Shoegazer Sound aus Dänemark.
The Raveonettes – War In Heaven
Nachtrag vom 20.09.2011:
Das Konzert der The Raveonettes fällt leider aus gesundheitlichen Gründen aus.

21:20 Uhr, Angie‘s Nightclub
Die Heiterkeit
Neue Hamburger Frauenband.
Die Heiterkeit – Alle Menschen

Freitag, 23. September 2011

20:00 Uhr, Docks
Findus
Laute Gitarren, deutschsprachige Texte.
Findus – Gehen im Schnee

21:30 Uhr, Fliegende Bauten
Christiane Rösinger
Das Konzert dieser Pärchen-Hasserin vor ein paar Monaten im Uebel & Gefährlich war ziemlich gut. In ihrer Band befanden sich neben zwo Leuten von Ja,Panik! auch die Gitarristin der Jolly Goods.
Christiane Rösinger – Berlin

23:10 Uhr, Fliegende Bauten
Herman Dune
Früher Anti-Folk, jetzt Rock‘n‘Roll Duo (zumindest behaupten sie das…).
Herman Dune – Tell Me Something I Don‘t Know

23:20 Uhr, Moondoo
Apparat Organ Quartet
(Nicht zu verwechseln mit der Band Apparat).
Die Instrumentierung erinnert mich an das finnische Trio Aavikko:
1 Schlagzeug + Keyboards – in diesem Falle vier.
Apparat Organ Quartet – Sirius Alfa

Samstag, 24. September 2011

20:30 Uhr, Grüner Jäger
Francis International Airport
Schöner Indie-Pop aus Österreich.
Francis International Airport – Monsters

23:20 Uhr, Grünspan
Ja,Panik!
Schrammeln-Gitarren mit deutsch-englischer Kauderwelsch Lyrik.
Ja,Panik! – Totengräber gegen Geisterjäger

23:15 Uhr, Grüner Jäger
206
Gitarren-Band aus Halle; deutschsprachige Texte; ihre erste Platte erschien bei Zickzack.
206 – Hallo Hölle

Alle Orts- und Terminangaben wie immer ohne Gewehr.

Stundenplan zum Selbstentdecken:
reeperbahnfestival.com/timetable

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Mein Reeperbahnfestival 2010

September 27, 2010

Various Artists: Reeperbahnfestival 2010
Hamburg, 23.-25.09.2010

Das Reeperbahnfestival wird auch immer größer. In diesem Jahr sind einige neue Veranstaltungsorte hinzugekommen, vom Striptease-Lokal bis zur Kirche. Ungefähr 188 Bands an drei Tagen, was für ein Irrsinn! Aber perfekt, wenn man neue Musik entdecken will, man muss halt von Ort zu Ort hoppen. Aber sensationell neues gibt es hier nicht. Ernsthafte Experimente darf man nicht erwarten. Singer-Songwriter gab es wie Sand am Meer und auffallend viele nordeuropäische Musiker. Dort scheint die Musikförderung anders zu funktionieren als hierzulande.

Im Imperial Theater waren in der Kulisse zu einem Edgar Wallace-Stück (vermute ich mal), in gediegender Atmosphäre, Künstler wie Caitlin Rose (sympathisch entspannte Country-Songs), Ólöf Arnalds (netter nordisch Folk) oder Kat Frankie zu hören, die mit ihrer Band einen für Festivalverhältnisse recht ausführlichen und sehr überzeugenden Gig zum Besten gaben. Immer wieder wechselte sie und ihre Mitmusiker die Instrumente, so war vom Klang her immer für Abwechslung gesorgt.

In der kleinen Hasenschaukel hatte ich nur einmal die Ehre Gast sein zu dürfen. Der Kanadier Woodpigeon, ein Mann an der akustischen Gitarre, der sich seine musikalische Begleitung gerne live Schicht für Schicht zusammen samplete (nichts ungewöhnliches mehr, Petula beispielsweise, ein Alleinunterhalter mit E-Gitarre, machte das nebenan im Silber ebenfalls –  und viele mehr). Nur beim letzten Lied, einem „american folk song“, der sich als Daniel Johnston-Cover-Version entpuppte, halfen ihm Freunde an Drums und Singender Säge.

Die zum Molotow gehörende Meanie Bar war diesmal ebenfalls Austragungsort verschiedenster Konzerte. Die High Quality Girls schafften es mit ihrer trashigen Musik, die Bar angenehm leer zu spielen. Normalerweise war sie ruckzuck überfüllt. Verpaßt habe ich hier Torpedo, aber was ich am Ende ihres Sets zufällig hören durfte, hat gut krautgerockt. In diesem  Rahmen bemerkenswert war die Instrumentierung von Parfum Brutal: Cello, Sängerin mit Geige, E-Piano und ein Schlagzeuger, der auch  mal eine Decke übers Schlagzeug warf um den Klang zu dämpfen. Soetwas sieht man im Pop eher selten. Popmusik mit kammermusikalischen Mitteln und womöglich jazzigem Background, sehr erfrischend.

Auch im Cafe vom Beatlemania, dem privaten Hamburger Beatles-Museum, gab es Konzerte. Die Betonwände sind jetzt nicht so gemütlich. Aber hier hat Lydia Daher mit Band ihre neue, im Oktober bei Trikont Records erscheinende Platte vorgestellt. Ihr Debut-Album hatte sie ja im Alleingang eingespielt. Nun ist die mit einem Schlagzeuger und einem Bassisten unterwegs und präsentiert ihre textlastigen, deutschsprachigen Songs. Sie selbst spielt Gitarre (für Linkshänder – das paßt gut ins Beatles-Museum) und singt, klar und schnörkellos sind die Gitarrenriffs und Basslinien. Sympathische Angelegenheit!

Natürlich gab es auch große Namen auf diesem Festival. Edwyn Collins beispielsweise zeigte, dass er immernoch gute Popmusik macht. Und Chilly Gonzales überzeugte am Klavier solo, sehr unterhaltsam und mit Schalk im Nacken, bevor sein Film „Ivory Tower“ Deutschland-Premiere hatte.

So ungefähr war das bei mir.