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Humor 001

November 17, 2013

MM012

Max Müller – Alt Und Schwul
(Tape, C30, Mauerstadtmusik, MM012, 2013)

MM wie Mauerstadtmusik, MM wie Max Müller. Bei diesem Tape handelt es sich um eine Wiederveröffentlichung von Material, das im Jahr 1987 in einer Kreuzberger Wohnung mit einfachen Mitteln aufgenommen und als Kassette unter Freunde gebracht wurde. Thomas Pargmann, der Mauerstadtmusik-Macher (MMM), hat sich sogar die Mühe gemacht, mit den alten Bändern in ein Studio zu gehen und dieses Tape neu zu mastern. Dabei kam eine mehr als ordentliche Klangqualität heraus.

Ja, das ist wirklich eine Wiederveröffentlichung einer Musikkassette als Musikkassette, kein Vinylsammlerspekulationsobjekt (mit dem Motto „first time on vinyl“) und einen Downloadcode hierfür gibt es auch nicht. Die Musik wird in der Tonträgerform neu präsentiert, in der sie zuerst veröffentlicht wurde. Aber wer hat den heutzutage noch ein Cassettenabspielgerät zu Hause, höre ich so manchen fragen. Garnicht mal so wenige, vermute ich. Vintage Audio ist doch en vogue. Und nachdem für Vinylfetischisten ein Record Store Day ausgerufen wurde, fand in diesem Jahr erstmals ein Cassette Store Day statt, allerdings mit null teilnehmenden Läden in Germany. Davon abgesehen: wer kein Tapedeck in seinem Haushalt beherbergt, ist meines Erachtens sowieso zu bemitleiden. Aber kommen wir zurück auf dieses Tape mit der schönen Bestellnummer MM 012.

Zu hören sind hier 12 Miniaturen, vermutlich mit Hilfe eines Vierspurtapedecks entstanden sowie Instrumenten wie Rhythmusmaschine, Keyboards, Effektgeräte, Gitarre und natürlich Max Müllers Stimme, die man auch von der Band Mutter kennt. Die Aufnahmen klingen rauh und ungehobelt, Störgeräusche wie das Klacken der Aufnahmetaste sind Bestandteil der Stücke. Es schrammelt und scheppert. Wer die Single „Wir steh’n hier jeden Tag“ / „Sie ist aus Holland“ (1989 erschienen auf Die Tödliche Doris Schallplatten) kennt, kann sich ungefähr eine Vorstellung machen, wie das hier klingt.  Zwei Titel haben es auch schon auf die Compilation-CD „Max Müller“ (1995 erschienen auf Die Eigene Gesellschaft) geschafft, u.a. „Zweiter Weihnachtsfeiertag“, eines der besten (Nicht-) Weihnachtslieder ever.

Einige Songs sind Portraits von Menschen mit Tendenz zum Scheitern, sogar in einem Instrumental geht es um ein Scheusal. „Ein seltsamer Tag“, ebenfalls instrumental,  klingt als hätte Der Plan den Soundtrack für einen Endzeitfilm auf Demo-Tape skizziert, strange und skurril.

Auf dem ursprünglichen – und auf dem Cover dieser CompactCassette abgebildeten – Mastertape wurde handschriftlich die imaginäre Bestellnummer „Humor 001“ aufgebracht, was in der Tat von einem speziellen Humor zeugt, auch wenn dieses Tape das Gegenteil einer Witzkassette darstellt.

Für mich eine der interessantesten und besten Wiederveröffentlichungen des sich zu Ende neigenden Jahres 2013.

GZ