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Hollow Punk

Dezember 5, 2011

Hollow Skai:
Punk – Versuch der künstlerischen Realisierung einer neuen Lebenshaltung.
(Sounds-Buch)

Schon 1980 versuchte Hollow Skai in diesem Buch etwas von dem Drive des Punk für die Nachwelt festzuhalten. So spricht Hollow quasi aus den Herzen der Scene, und wenn man es nicht zweimal liest, glaubt man es nicht: Es war seine Magisterarbeit, in der er (wissenschaftlich-) analysierende Prosa mit dem LayOut eines Fanzines verband und den eigentl. Punk als Ausbruch aus der Langweile Mitte der 70er charakterisierte.

Gleich zu Anfang des Buches zerstört Hollow Skai jede Hoffnung auf ein ‚Happy End‘. Sämtliche Thesen zur Festlegung des Begriffs ‚Punk‘ werden über den Haufen geworfen, um am Ende zu dem Schluß zu kommen, Punk sei immer mehr als… . Seine Festlegung bedeute seinen Tod. Daher jedoch erörtert Hollow von den SEX PISTOLS in England über Fanzines, etc. bis zu Art Attaks in Amerika, alles was irgendwie mit Punk zusammenhängt. Dies geschieht in umfangreicher Form, ist wegen des abwechslungsreichen Schreibstils aber nie ermüdent. Auch die Reaktion der öffentlichen Presse kommt in vielen eingefügten Original-Artikeln nicht zu kurz und wirkt bisweilen grotesk bis erheiternd. Besonders gut gefallen mir die Artikel über Fanzines und der Anhang „Der destruktive Charakter“ in dem nocheinmal sämtliche (polit.) Schablonen zerstört werden und der Mensch und seine Kultur als einziges übrig bleibt.

Kein Buch über Punk, sondern ein Buch der Punk-Scene für Leute, die’s nicht (von Anfang an) miterlebt haben und es trotzdem ‚verstehen‘ wollen. Aber natürlich auch für andere.

Erhältlich leider nur noch in der Stadtbücherei; dort aber im ‚Sonderangebot‘: Entweder kostenlos (nicht weitersagen!!) oder für 13,20 dm (66 Verkleinerungen).

cl.g.

Dieser Text stammt aus dem 4. Heft des Würzburger Fanzines Oi Oi Oi! (später 10.15 bzw. 10.16 Megazine), erschienen im Juli 1984.
Autor: Claus-Georg Pleyer

Über: Alles nur geträumt

Januar 11, 2010

Hollow Skai:
Alles nur geträumt – Fluch und Segen der Neuen Deutschen Welle
(Hannibal / Koch)

Hollow Skai kennt man von früher. Zumindest vom Hörensagen. Damals in den frühesten 1980er Jahren hat er das No Fun-Label in Hannover betrieben (kollektiv mit Leuten u.a. von Hans-á-Plast) und somit den Aufstieg und Fall von Punk und New Wave aus deutschen Landen hautnah als Zeitzeuge erlebt. Davon erzählt er in seinem im Jahr des Herren 2009 bei Hannibal erschienenen Buch „Alles nur geträumt – Fluch und Segen der Neuen Deutschen Welle“. Er erzählt von den ersten deutschen Retorten-Punk-Bands und dem Düsseldorfer, Berliner, Hamburger und Hannoveraner Untergrund, aber auch von ein paar wenigen Bands in der Provinz. Er weiß zwischen New Wave, Neue Welle und Neue Deutsche Welle / NDW zu differenzieren. Und er hat das Insider-Wissen eines zu jener Zeit aktiven – alternativen – Geschäftsmannes um zu erklären, warum damals kleine Vertriebe eingingen und einzelne Bands zu den großen Kompanien wechselten. Und dann ist da noch die Geschichte von den altgedienten Profi-Musikern, die auf den „Die neue Welle zur Frikadelle“-Zug aufsprangen. Das ganze liest sich flott und unterhaltsam. Das einzige, was mich an diesem Buch stört ist, dass Hollow Skai dann manchmal doch etwas hudelt. Da behauptet er auf Seite 55, dass auf dem zweiten Album von Der Plan „beschwingte kleine Single-Hits wie ‚Da vorne steht ’ne Ampel'“ enthalten seien – meines Wissens wurde dieses Lied damals wirklich nur als 7″ veröffentlicht. Auf meiner „Normalette Surprise“-Vinyl-Ausgabe sucht man dieses Stück jedenfalls vergeblich. Und dass in der Auswahldiskographie im Anhang das Label Ata Tak konsequent falsch als Warning Records – dessen allererste Wuppertaler Inkarnation – erscheint, finde ich auch etwas befremdlich. Ebenfalls seltsam: dem Autor scheint eine Band, die ich bis dato erfolgreich versucht habe zu ignorieren, doch irgendwie sympathisch zu sein: Extrabreit. Der Roman „Hart wie Marmelade“ von deren Sänger Kai Havaii wird sogar besonders gelobt – während das Buch „AnarchoShnitzel schrieen sie“ von Oliver Maria Schmitt (Die Partei, ex Titanic Magazin) beherzt verrissen wird. Rührend, wie ernst Skai den teilweise etwas pubertär daher kommenden Satiriker Schmitt nimmt. Na dann werde ich mir wohl den Roman von Herrn Havaii mal antiquarisch besorgen und zu Gemüte führen müssen.

Ohne Bezug zu diesem Buch möchte ich Hollow Skai und seinen Mitstreitern bei No Fun Records danken für Langspielplatten von Bands wie Hans-á-Plast, Der Moderne Man,  Mythen In Tüten, 39 Clocks sowie Bärchen und die Milchbubis!

(18.12.2009)